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Gesetz­entwurf zur Mo­der­ni­sierung des Per­sonen­gesell­schafts­rechts vor­gelegt

15. Mai 2020

Am 20. April 2020 hat die von dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eingesetzte Expertenkommission einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgelegt.

Ziel der Expertenkommission ist es, wie es das BMJV selbst formuliert, "das Teils noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Personengesellschaftsrecht den Anforderungen an ein modernes Wirtschaftsleben anzupassen". Dies erscheint mehr als notwendig, zumal mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR geradezu ein grundlegender Systemwechsel vollzogen wurde, ohne dass die gesetzlichen Regelungen entsprechend angepasst wurden.

Vor diesem Hintergrund sind vor allem in der jüngeren Vergangenheit vielfach Spannun-gen zwischen dem geschriebenen Gesetzesrecht und der Rechtsanwendung in Rechtsprechung und Vertragsgestaltung aufgetreten. Dies führte freilich zu – vor allem aus Mandantensicht mehr als unbefriedigenden – Rechtsunsicherheiten, die nunmehr hoffentlich mit der angestrebten Reform jedenfalls teilweise beseitigt werden.

Auch wenn der Gesetzentwurf mit Sicherheit noch eine Vielzahl von Änderungen und Ergänzungen erfahren wird, sind bereits zu diesem Zeitpunkt Schwerpunkte erkennbar. Hierrüber möchten wir nachstehend einen allerersten Überblick geben:

1. Anpassung des Rechts der GbR

Wie bereits eingehend erwähnt, hat vor allem das Recht der GbR in der jüngeren Vergangenheit einen ganz grundsätzlichen Systemwechsel vollzogen. Mit seiner "Jahrhundert-Entscheidung" hat der zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Jahr 2001 die Rechtsfähigkeit der GbR anerkannt und hiermit das bis dahin gelebte Gesamthandsprinzip über Bord geworfen. 

Ein derart grundsätzlicher Systemwechsel führte selbstredend zu vielfältigen Folgefragen, die nunmehr auch von Seiten des Gesetzgebers grundlegend angegangen werden. Es verwundert insofern nicht, dass die Modernisierung des Rechts der GbR den Schwerpunkt des Entwurfs bildet. So soll mit der Reform ganz grundsätzlich das "gesetzliche Leitbild der GbR" von einer "nicht rechtsfähigen Gelegenheitsgesellschaft auf eine rechtlich verselbstständigte und auf gewisse Dauer angelegte Gesellschaft umgestellt" werden. Die GbR wird hierdurch zugleich Grundform aller rechtsfähigen Personengesellschaften wie der OHG, der KG und der PartGG. 

Diesem Systemwechsel wird in dem Entwurf zuvorderst dadurch Rechnung getragen, dass die GbR und ihre Legitimation im Rechtsverkehr durch ein – zurecht vielfach gefordertes – Register gestärkt wird. In dem geplanten GbR-Register sollen insbesondere Name und Sitz der GbR, Identität der Gesellschafter und Vertretungsregelung einer nach Außen auftretenden GbR publiziert werden.

Zwar soll die Registrierung ausweislich des Entwurfes zunächst freiwillig bleiben, diese Freiwilligkeit wird jedoch dort eingeschränkt, wo eine GbR bestimmte Rechtsvorgänge, wie insbesondere den Erwerb von Grundstücken, vornehmen möchte. Zudem ist die Registrierung einer GbR zugleich Voraussetzung für die ebenfalls im Gesetzesentwurf neu vorgesehene Umwandlungsfähigkeit der GbR. Somit kann auch eine GbR zukünftig an Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln beteiligt werden.

Das im Wesentlichen durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch die Rechtsprechung geschaffene Haftungsregime bleibt indes – soweit auf dem ersten Blick ersichtlich – unverändert. Somit haften die Gesellschafter einer GbR weiterhin unmittelbar, persönlich und unbeschränkt für Verbindlichkeiten der GbR. Eine Beschränkung dieser Gesellschafterhaftung ist im Kommissionsentwurf nicht vorgesehen.

2. Anpassungen im allgemeinen Personengesellschaftsrecht

Der Grundsatz der Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen wird im Bereich der Personengesellschaften zukünftig bestehen bleiben. Die Gesellschafter bleiben insbesondere im Verhältnis untereinander frei, verschiedenartige Vereinbarungen zu treffen. Freilich ist insbesondere mit Blick auf bestehende Gesellschaftsverträge zu prüfen, inwiefern durch die Gesetzesreform etwaige Anpassungen erforderlich werden.

Auch die im Personengesellschaftsrecht für die Trennung zwischen GbR und gewerblichen Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) maßgebende Orientierung am Kaufmannsbegriff bleibt erhalten. Der Gesetzesentwurf sieht hier allerdings vor, dass zukünftig auch Freiberufler eine Personenhandelsgesellschaft und damit vor allem auch die Rechtsform einer GmbH & Co. KG wählen können. 

Vorgesehen ist überdies, dass eine nach deutschen Recht gegründete Personengesellschaft einen Sitz außerhalb Deutschlands wählen und somit ihre Geschäftstätigkeit außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland entfalten kann, ohne auf die bestehende Rechtsform verzichten zu müssen. Hier erfolgt also eine Anpassung an die bestehenden kapitalgesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten. 

3. Beschlussmängelrecht

Besonders begrüßenswert ist aus hiesiger Sicht die angestrebte Reform des Beschlussmängelrechts. Soweit der Entwurf erkennen lässt, wird das Beschlussmängelrecht an das im Kapitalgesellschaftsrecht erprobte Anfechtungsregime angeglichen. 

Dies hat zunächst Auswirkung auf die Wirksamkeit angegriffener Gesellschafterbeschlüsse während eines laufenden Beschlussmängelstreits. Während bislang bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung Unsicherheiten bzgl. der Wirksamkeit eines Beschlusses bestanden, wird zukünftig die Wirksamkeit bis zum Erlass eines rechtskräftigen Anfechtungsurteils feststehen. Einzig in "schweren" Fällen wird es nach dem Entwurf weiterhin bei der Nichtigkeit eines Beschlusses bleiben. 

Zu erwarten ist zudem eine Vereinfachung des personengesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelstreits durch die Einführung der Passivlegitimation der Gesellschaft. Ohne eine – sehr zu empfehlende – Abweichung im Gesellschaftsvertrag ist ein Beschlussmängelstreit im Personengesellschaftsrecht bislang nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen die Mitgesellschafter zu führen. Die regelmäßig hierbei auftretenden prozessualen Komplikationen und prozessökonomischen Nachteile werden somit ausgeschlossen.

4. Ausblick

Der vorgelegte Gesetzesentwurf ist bereits allein aufgrund des immensen Anpassungsbedarfs an die durch die Rechtsprechung herbeigeführten Systemänderungen zu begrüßen. Es bleibt selbstredend abzuwarten, welche Änderungen, Anpassungen und Ergänzungen der Entwurf noch erfahren wird. 

GLADE MICHEL WIRTZ wird Sie an dieser Stelle fortlaufend über die weitere Entwicklung sowie den derzeitigen Stand der Diskussion informieren. Gerne stehen wir auch für einen Austausch zu diesem Thema jederzeit zur Verfügung.

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