Ausgewählte Aspekte des Abschlussberichts der ESMA zum MAR Review

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Ausgewählte Aspekte des Abschlussberichts der ESMA zum MAR Review

9. Oktober 2020

  • Nachdem die BaFin im Frühjahr das neue Modul C des Emittentenleitfadens veröffentlicht hat, legt nun auch die europäische Finanzaufsichtsbehörde (ESMA) ihren Abschlussbericht über die Anwendung und mögliche Überarbeitung der Marktmissbrauchsverordnung (MAR Review) vor. Die ESMA geht in dem Bericht u.a. auf insiderrechtliche Fragestellungen, Rückkaufprogramme, Marktsondierungen, Insiderlisten und Managers' Transactions ein. 
  • Im Ergebnis schlägt die ESMA nur wenige praxisrelevante Änderungen der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) vor.Insbesondere hält sie eine Anpassung der Definition der Insiderinformation nicht für zweckmäßig. Es ist davon auszugehen, dass sowohl das Insiderhandelsverbot als auch die Ad-hoc-Publizität unverändert an denselben Tatbestand der Insiderinformation anknüpfen werden. Mit einer Entkoppelung der beiden Regime ist nicht zu rechnen.
  • Stattdessen befürwortet die ESMA weitere Konkretisierungen in der MAR und Ergänzungen ihrer Leitlinien (sog. Level-3-Rechtsakte), um ein besseres Verständnis und die einheitliche Anwendung der MAR in Europa sicherzustellenDies betrifft insbesondere die Bereiche Insiderlisten und Managers' Transactions.

Hintergrund

Seit Mitte 2016 sind die marktmissbrauchsrechtlichen Bestimmungen – wie das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publizitätspflicht – in der europäischen MAR geregelt. Deren Schlussbestimmungen sehen vor, dass die Kommission ausgewählte Bestimmungen der MAR überprüfen und dem Europäischen Parlament sowie dem Rat einen Bericht mit den Ergebnissen vorlegen soll (vgl. Art. 38 MAR). Neben weiteren Aspekten wie der Bewertung der Regelungen über Meldepflichten von Führungskräften und über Insiderlisten soll die Kommission auch prüfen, "ob die Bestimmung des Begriffs Insiderinformationen dahingehend ausreichend ist, dass sie alle Informationen abdeckt, die für die zuständigen Behörden relevant sind, um wirksam gegen Marktmissbrauch vorzugehen". Die Kommission hat aus diesem Anlass die ESMA beauftragt, einen MAR Review durchzuführen. 

Die ESMA hat hierzu letztes Jahr ein umfangreiches Konsultationsverfahren eingeleitet, das sich nicht nur auf die in Art. 38 MAR vorgeschriebenen Themen beschränkte, sondern den Befragten darüber hinaus auch die Möglichkeit bot, zu weiteren Themen wie zum Beispiel zu Aspekten der Selbstbefreiung und der Nützlichkeit von Insiderlisten Stellung zu nehmen. Im Rahmen der Konsultation gingen bei der ESMA bis Ende des Jahres 2019 knapp 100 Stellungnahmen u.a. von Kreditinstituten, Emittenten und Handelsplattformen ein.

Nach Auswertung der Stellungnahmen hat die ESMA ihren Abschlussbericht Ende September 2020 – aufgrund der Covid-19-Pandemie leicht verzögert – veröffentlicht. Er fasst die im Rahmen des Konsultationsverfahrens eingegangenen Stellungnahmen sowie die diesbezüglichen Antworten und Empfehlungen der ESMA zusammen.

Ausgewählte Aspekte aus dem Abschlussbericht

Nachfolgend werden ausgewählte praxisrelevante Aspekte des Abschlussberichts zusammengefasst. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt auf insider- bzw. ad-hoc-rechtlichen Fragestellungen. Es wird aber auch ein Blick auf die Empfehlungen der ESMA zu den Themen Insiderlisten und Managers' Transactions geworfen.

Art. 7 MAR – Begriff der Insiderinformation

Im Zusammenhang mit dem Begriff der Insiderinformation hat sich die ESMA insbesondere mit der Frage beschäftigt, ob die derzeitige Definition ausreichend ist, um den nationalen Aufsichtsbehörden eine effektive Bekämpfung von Marktmissbrauch zu ermöglichen. 

Das Meinungsbild im Rahmen des Konsultationsverfahrens war uneinheitlich. Einige Marktteilnehmer kritisierten, dass die Definition der Insiderinformation zu weit gefasst sei und verwiesen dabei auch auf die schwierige insiderrechtliche Beurteilung von Zwischenschritten. Die ESMA ist hingegen der Auffassung, dass die derzeitige Definition der Insiderinformation zu einem vernünftigen Ausgleich zwischen den zum Teil widerstreitenden Zielen der MAR –  Bekämpfung von Marktmissbrauch einerseits und Gewährleistung von Rechtssicherheit für die Emittenten andererseits – führt. 

Demnach sei eine Anpassung der Definition – mit einer für Emittenten außerhalb der Finanzbranche weniger relevanten Ausnahme, die sicherstellen soll, dass das sog. front running erfasst wird – nicht zweckmäßig und wird nicht empfohlen. Es bestehe das Risiko, dass Änderungen der Definition der Insiderinformation zu einer Erhöhung und nicht zu einer Reduzierung der Rechtsunsicherheit führen. Einer Absage erteilt die ESMA damit auch der zum Teil im Rahmen des Konsultationsverfahrens und im Schrifttum geforderten Aufhebung des Gleichlaufs zwischen Insiderhandelsverbot und Ad-hoc-Publizitätspflicht.

Die ESMA sieht allerdings die Notwendigkeit, konkretisierende Hinweise zu veröffentlichen, um Marktteilnehmern die Einordnung zu ermöglichen, welche Informationen Insiderinformationen darstellen und welche nicht. Dies erfordere allerdings eine vernünftige Abwägung, um unbeabsichtigte Folgen in der Praxis zu vermeiden. In bestimmten Konstellationen wie z.B. im Zusammenhang mit der Finanzberichterstattung seien konkretisierende Hinweise in jedem Fall möglich. Auf die derzeit in Deutschland geführte Diskussion zur Einordnung von Zwischenschritten – auch die BaFin geht nunmehr von zwei Typen von Zwischenschritten aus (vgl. Modul C des BaFin-Emittentenleitfadens 2020, Ziff. I.2.1.4.3) – geht die ESMA in ihrem Abschlussbericht hingegen nicht näher ein.

Art. 17 Abs. 4 MAR – Aufschub der Veröffentlichung einer Insiderinformation

Emittenten können die Veröffentlichung einer Insiderinformation ausnahmsweise aufschieben, wenn (i) ein berechtigtes Aufschubinteresse und (ii) keine Irreführung der Öffentlichkeit vorliegt sowie (iii) die Vertraulichkeit der Information gewährleistet wird. 

Die ESMA hat im Zusammenhang mit der sog. Selbstbefreiung gemäß Art. 17 Abs. 4 MAR zunächst beleuchtet, ob die Selbstbefreiungsvoraussetzungen im Einzelnen zweckmäßig und hinreichend verständlich sind. Dies wurde zum Teil im Rahmen des Konsultationsverfahrens bemängelt. Die ESMA weist darauf hin, dass das Regime der Selbstbefreiung mit der Definition der – sowohl für das Insiderhandelsverbot als auch für die Ad-hoc-Publizität maßgeblichen – Insiderinformation steht und fällt. Eine Anpassung von Art. 17 Abs. 4 MAR sei ihres Erachtens nicht empfehlenswert. Allerdings seien die Voraussetzungen der Selbstbefreiung – wie auch die Definition der Insiderinformation – interpretationsbedürftig, weswegen die zu Art. 17 Abs. 4 MAR veröffentlichten Leitlinien aus 2016 (ESMA/2016/1478) zu überarbeiten und mit praktischen Beispielsfällen zu versehen seien. In dem Zusammenhang sei es auch zweckmäßig, weitere Tatbestandsmerkmale von Art. 17 Abs. 1 MAR wie z.B. die "unverzügliche" Veröffentlichung von Insiderinformationen zu konkretisieren. Zudem schlägt die ESMA vor, konkretisierende Hinweise zu Art. 17 Abs. 7 Unterabs. 2 MAR zu geben, um ein einheitliches Verständnis von Gerüchten während der Selbstbefreiung sicherzustellen.

Die ESMA betont des Weiteren die Bedeutung interner Compliance-Systeme, um Insiderinformationen zu identifizieren und unverzüglich veröffentlichen zu können. Die MAR verpflichtet Emittenten zwar nicht ausdrücklich bestimmte insiderrechtliche Compliance-Systeme einzurichten. Auch insofern sieht die ESMA keinen Änderungsbedarf. Allerdings werden Emittenten – so die ESMA – mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen Bestimmungen der MAR verstoßen, wenn sie keine robusten und effektiven Systeme und Vorkehrungen eingerichtet haben, die einen ordnungsgemäßen Umgang mit Insiderinformationen sicherstellen. 

Nach derzeitiger Rechtslage sind die nationalen Aufsichtsbehörden nicht über einen Aufschub nach Art. 17 Abs. 4 MAR zu informieren, wenn die Insiderinformation zwischenzeitlich ihre Insiderqualität verloren hat (vgl. Art. 17 Abs. 4 Unterabs. 3 MAR). Aus Sicht der ESMA besteht kein Anlass, diese Bestimmung anzupassen, da eine effektive Marktüberwachung durch die nationalen Aufsichtsbehörden auch beim status quo sichergestellt sei.

Art. 18 MAR – Verpflichtung zur Führung von Insiderlisten

Emittenten und deren Dienstleister sind nach Art. 18 Abs. 1 MAR verpflichtet, Personen mit Zugang zu Insiderinformationen in einer Insiderliste zu erfassen. Insiderlisten stellen aus Sicht der ESMA ein elementares Instrument zur Verhinderung und Aufklärung von Verstößen gegen die MAR dar. 

Im Rahmen des MAR-Reviews hat die ESMA in diesem Zusammenhang untersucht, ob sich Art. 18 MAR als praxistauglich erwiesen hat und inwiefern Gesetzesänderungen zweckmäßig erscheinen. Dabei hat die ESMA insbesondere beleuchtet, (i) welche Personen in die Insiderliste aufzunehmen sind (tatsächliche Insider versus potentielle Insider), (ii) welche Personen (Stichwort: Dienstleister) verpflichtet sind, Insiderlisten zu führen, (iii) ob die permanente Sektion der Insiderliste sinnvoll ist und (iv) wie der mit der Führung von Insiderlisten verbundene administrative Aufwand für Emittenten reduziert werden kann. Daneben hat die ESMA auch die Bedeutung der Insiderliste für die nationalen Aufsichtsbehörden empirisch analysiert.

Nachfolgend werden die für Emittenten wesentlichen Aussagen der ESMA zum Thema Insiderlisten zusammengefasst:

  • Im Gegensatz zu der Auffassung der BaFin (vgl. Modul C des BaFin-Emittentenleitfadens 2020, Ziff. V.3.1) sind nach dem Verständnis der ESMA grundsätzlich lediglich jene Personen in eine Insiderliste aufzunehmen, die tatsächlich Zugang zu der Insiderinformation haben. Um dies beurteilen zu können, sollten Emittenten über entsprechende Compliance-Systeme verfügen. Nur im Ausnahmefall sollen auch solche Personen aufgenommen werden, die lediglich potentiell Zugang zu der Insiderinformation haben. Da dies in der Praxis zum Teil anders gehandhabt wird, schlägt die ESMA eine entsprechende Klarstellung in den Erwägungsgründen der MAR vor.
  • In Einklang mit Ziffer 5.2 ihrer Questions and Answers zur MAR (ESMA70-145-111, Stand 29. März 2019) betont die ESMA, dass Emittenten auch dann eine Insiderliste erstellen müssen, wenn die maßgebliche Insiderinformation unverzüglich (und nicht erst nach einer Selbstbefreiung) veröffentlicht wird. Teilweise wird im Schrifttum in Deutschland vertreten, dass in solchen Fällen der sog. "Kurzzeit-Eintragung" kein Bedürfnis für eine Insiderliste bestehe.
  • Im Zusammenhang mit dem Problemkreis der Dienstleister des Emittenten schlägt die ESMA vor, Art. 18 Abs. 1 MAR (klarstellend) um Personen zu ergänzen, die Aufgaben für den Emittenten wahrnehmen. Darunter seien z.B. auch Wirtschaftsprüfer, Notare, Berater und Kreditinstitute zu fassen. Es soll ein Gleichlauf zwischen denjenigen, die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handeln, und denjenigen, die Aufgaben für den Emittenten wahrnehmen ("performing a task for the issuer"), erreicht werden. Auch Letztere sollen künftig zur Führung von Insiderlisten verpflichtet werden. Angesichts der zweckorientierten Auslegung der "Dienstleister" durch die BaFin (vgl. Modul C des BaFin-Emittentenleitfadens 2020, Ziff. V.2.3) bleibt abzuwarten, ob diese Änderung – sofern sie denn umgesetzt wird – praktische Auswirkungen haben wird.
  • In dem Kontext weist die ESMA darauf hin, dass die Aufnahme einer (natürlichen) Kontaktperson des jeweils eingesetzten Dienstleisters ausreichend ist, um die insiderrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Dies entspricht insofern der Verwaltungspraxis der BaFin (vgl. Modul C des BaFin-Emittentenleitfadens 2020, Ziff. V.3.3).
  • Zudem stellt die ESMA klar, dass Dienstleister ihrerseits von ihnen eingesetzte Dienstleister in die Insiderliste aufnehmen müssen. Die ESMA schlägt eine entsprechende Ergänzung der MAR vor. Ferner sollte aus Sicht der ESMA in der MAR klargestellt werden, dass Emittenten ihre Dienstleister informieren müssen, wenn sie eine Information als Insiderinformation qualifizieren, damit diese ihrerseits ihren insiderrechtlichen Pflichten nachkommen können.
  • Die Anerkennung der insiderrechtlichen Pflichten und Sanktionen gemäß Art. 18 Abs. 2 MAR soll künftig nicht mehr "schriftlich", sondern "auf einem dauerhaften Datenträger" erfolgen. Vor dem Hintergrund, dass die BaFin das Merkmal "schriftlich" seit Längerem weit auslegt ("Diese Bestätigung kann schriftlich, aber auch in elektronischer Form abgegeben werden, sofern bei Nutzung der elektronischen Form auch zu einem späteren Zeitpunkt diese Kenntnisnahme nachgewiesen werden kann", vgl. Modul C des BaFin-Emittentenleitfadens 2020, Ziff. V.9), dürfte die praktische Relevanz dieser Änderung gering sein. In eine Insiderliste aufgenommene Personen sollen zudem künftig verpflichtet sein, diese Anerkennung unverzüglich zu erklären.
  • Im Übrigen erkennt die ESMA, dass mit der Führung von Insiderlisten administrativer Aufwand und ggf. auch Fragen im Zusammenhang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verbunden sind. Eine Anpassung der MAR bzw. der Verordnung EU/2016/347, um die verpflichtend aufzunehmenden Daten künftig zu verringern, hält sie aber nicht für erforderlich. In dem Zusammenhang weist sie zudem darauf hin, dass die Marktteilnehmer frei entscheiden können, wie und wo sie die Daten der Insiderlisten speichern.

Art. 19 MAR – Managers' Transactions

Führungskräfte von Emittenten sind grundsätzlich verpflichtet, Transaktionen mit Finanzinstrumenten des Emittenten zu melden (Art. 19 Abs. 1 MAR). Die gleiche Verpflichtung trifft Personen, die mit den Führungskräften eng verbunden sind (wie zum Beispiel Ehegatten). Darüber hinaus treffen die Führungskräfte (nicht hingegen deren eng verbundene Personen) in bestimmten Zeitfenstern des Kalenderjahres (regelmäßig vor der Finanzberichterstattung) gemäß Art. 19 Abs. 11 MAR Handelsverbote (sog. Closed Periods).

Die ESMA hat sich im Bereich der Managers' Transactions schwerpunktmäßig mit folgenden drei Themen beschäftigt: (i) Angemessenheit des Schwellenwerts im Sinne von Art. 19 Abs. 8 MAR, (ii) Meldepflicht bei Transaktionen mit Sondervermögen gemäß Art. 19 Abs. 1a MAR, sowie (iii) Closed Periods gemäß Art. 19 Abs. 11 MAR. Sie kommt nach Durchführung des Konsultationsverfahrens insbesondere zu folgenden Empfehlungen:

  • Im Hinblick auf die Höhe des Schwellenwerts gemäß Art. 19 Abs. 8 MAR (erst bei Überschreiten des Werts sind Transaktionen meldepflichtig) sieht die ESMA keinen Anpassungsbedarf. Der Schwellenwert soll weiterhin grundsätzlich EUR 5.000 betragen. Die nationale Aufsichtsbehörde kann – so sieht es bereits derzeit die MAR vor – den Schwellenwert allerdings auf EUR 20.000 anheben. Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Dänemark haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht.
  • Auch im Zusammenhang mit den Schwellenwerten gemäß Art. 19 Abs. 1a MAR (keine Meldepflicht bei Transaktionen mit Fonds, die Finanzinstrumente des betreffenden Emittenten mit maximal 20% Gewicht enthalten) sieht die ESMA keinen Anpassungsbedarf. Zudem weist sie darauf hin, dass diese Ausnahme im Fall der Closed Periods nicht greift und dass aus ihrer Sicht diesbezüglich ebenfalls keine Änderung der MAR angezeigt ist. Damit greift das Handelsverbot gemäß Art. 19 Abs. 11 MAR nach Auffassung der ESMA auch bei Transaktionen mit Finanzinstrumenten, die weniger als 20% Anteile des betreffenden Emittenten enthalten (z.B. Fonds). In der Praxis dürfte sich diese Auffassung als wenig praktikabel erweisen.
  • Zum Thema Closed Periods hat die ESMA ausführlich Stellung genommen. Closed Periods beginnen 30 Tage vor Ankündigung (gemeint: Veröffentlichung) eines verpflichtenden Finanzberichts. Während das Handelsverbot gemäß Art. 19 Abs. 11 MAR (einschließlich der Berechnung der 30-Tages-Frist) aus Sicht der ESMA keiner Anpassung bedarf, schlägt sie mehrere Ergänzungen für den Ausnahmetatbestand in Art. 19 Abs. 12 MAR vor. Insbesondere sollen vom Handelsverbot Transaktionen ausgenommen werden, die nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst sind. Dies betrifft z.B. Transaktionen, die schon vor dem geschlossenen Zeitraum angelegt waren (wie auch die Ausübung von Optionen), Transaktionen eines mit Ermessen agierenden Asset Managers, Transaktionen im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen des Emittenten und auch Erbschaften und Schenkungen. Zudem sollten sich die Ausnahmetatbestände nicht nur auf Aktien, sondern auch auf sonstige Finanzinstrumente beziehen. Keinen Änderungsbedarf sieht die ESMA hingegen bei der Frage, ob der Emittent die jeweilige Ausnahme vom Handelsverbot genehmigen muss. Trotz entsprechender Stellungnahmen im Rahmen des Konsultationsverfahrens sei die Genehmigung des Emittenten als zusätzliche Kontrolle sinnvoll.
  • Im Übrigen hat sich die ESMA mit der Frage der Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs der Closed Periods befasst. Im Rahmen des Konsultationsverfahren wurde insbesondere die Einbeziehung der eng verbundenen Personen diskutiert. Die ESMA vertritt allerdings im Ergebnis die Auffassung, dass weder die eng verbundenen Personen noch der Emittent selbst dem Handelsverbot gemäß Art. 19 Abs. 11 MAR unterfallen sollten. Zum einen werde die Marktintegrität durch das ohnehin stets geltende Insiderhandels- und Weitergabeverbot gemäß Art. 14 MAR sichergestellt. Zum anderen sei – darauf weist auch die BaFin im Modul C des Emittentenleitfadens ausdrücklich hin – zu berücksichtigen, dass das Handelsverbot auch für indirekt getätigte Eigengeschäfte bzw. für Dritte getätigte Geschäfte gelte. Darunter könnten nach den Umständen des Einzelfalls auch solche Transaktionen fallen, die über oder für eine eng verbundene Person ausgeführt werden.

Abschließend ist im Zusammenhang mit Managers' Transactions auf die ab dem 1. Januar 2021 geltende neue Meldefrist in Art. 19 Abs. 3 MAR hinzuweisen. Künftig wird diese Frist für Emittenten auf zwei Geschäftstage nach Erhalt einer in Art. 19 Abs. 1 MAR genannten Meldung verkürzt werden. Bislang müssen Emittenten die Meldung nach Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 1 MAR unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Geschäft veröffentlichen.

Ausblick

Im nächsten Schritt wird der Abschlussbericht der ESMA der Kommission vorgelegt, die ihrerseits dem europäischen Parlament und dem Rat Bericht erstatten muss (Art. 38 MAR). Ausgehend von den Empfehlungen der ESMA ist nicht zu erwarten, dass es zu umfangreichen Änderungen der MAR (Level 1) bzw. der delegierten und Durchführungsrechtsakte (Level 2) kommen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die ESMA insbesondere ihre Q&As und Leitlinien mit konkretisierenden Hinweisen zu einzelnen Bestimmungen der MAR (Level 3) überarbeiten und ergänzen wird.

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