Still hot – Neue Entwicklungen bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen auf europäischer und deutscher Ebene

#GMW-Blog: Aktuelle Rechtsentwicklungen

Still hot – Neue Entwick­lungen bei der kartell­rechtlichen Beur­teilung von Nachhaltig­keits­verein­barungen auf europäischer und deutscher Ebene

27. September 2022

Zuletzt hat der Blogbeitrag vom 8. Februar 2021 (hier) aktuelle Entwicklungen bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen im Rahmen des Art. 101 Abs. 3 AEUV und die unterschiedlichen Herangehensweisen nationaler Wettbewerbsbehörden an diese Thematik beleuchtet. Die wettbewerbspolitische und kartellrechtliche Debatte, in welchem Rahmen das Kartellrecht einen Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen leisten kann, ist seither um eine Vielzahl neuer Impulse bereichert worden. Während auf europäischer Ebene das Thema im Rahmen gesetzlicher Regelungen bzw. Leitlinien angegangen wird, bestimmt in Deutschland die Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts die rechtliche Beurteilung. Dieser Beitrag erläutert die aktuellen Entwicklungen bei der kartellrechtlichen Bewertung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen auf europäischer und deutscher Ebene und zeigt Handlungsoptionen für Unternehmen zur rechtssicheren und kartellrechtskonformen Ausgestaltung auf.

I. ENTWURF DER HORIZONTALLEITLINIEN UND FREISTELLUNG VOM KARTELL-VERBOT IM AGRARORGANISATIONENRECHT

In ihrem Competition Policy Brief "Competition Policy in Support of Europe’s Green Ambition" aus September 2021 kündigte die Europäische Kommission ("Kommission") an, im Rahmen der Überarbeitung wichtiger kartellrechtlicher Leitlinien Unternehmen "Guidance" zu Nachhaltigkeitsvereinbarungen an die Hand geben zu wollen. In Umsetzung dessen nahm die Kommission in ihrem Entwurf der Horizontalleitlinien ("Horizontal-LL") ein eigenes Kapitel zu Nachhaltigkeitsvereinbarungen auf. Zudem dürfte auch eine Freistellung vom Kartellverbot im Agrarorganisationenrecht horizontalen und vertikalen Initiativen für Nachhaltigkeit neue Spielräume eröffnen.

1. Nachhaltigkeitsvereinbarungen im Entwurf der Horizontal-LL

Nachhaltigkeitsvereinbarungen werden im Entwurf der Horizontal-LL als Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern definiert, die ein oder mehrere Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Zu diesen weit gefassten Nachhaltigkeitszielen zählt die Kommission unter anderem die Bekämpfung des Klimawandels, die Vermeidung von Umweltverschmutzung oder die Gewährleistung des Tierschutzes. Ein besonderes Augenmerk legt die Kommission in dem Entwurf der Horizontal-LL auf Nachhaltigkeitsvereinbarungen, durch die Nachhaltigkeitsstandards festgelegt werden. Solche Vereinbarungen zu Nachhaltigkeitsstandards sollen unter sieben kumulativ genannten Voraussetzungen bereits keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen. Für den Fall, dass eine Nachhaltigkeitsvereinbarung in den Anwendungsbereich des Kartellverbots fällt, erläutert die Kommission, wie die vier Voraussetzungen der Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV in Bezug auf Nachhaltigkeitsvereinbarungen auszulegen und anzuwenden sind. Dabei bringt der Entwurf der Kommission bezogen auf die beiden in dem vorausgegangenen Blogbeitrag diskutierten Voraussetzungen "Nachhaltigkeitsverbesserungen als Effizienzgewinne" und "angemessene Verbraucherbeteiligung" mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.

Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang zunächst die Klarstellung der Kommission, auch Nachhaltigkeitsverbesserungen wie eine geringere Umweltverschmutzung oder die längere Haltbarkeit nachhaltig hergestellter Produkte seien als qualitative Effizienzgewinne grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Da dies die Unternehmen jedoch nicht von einem Nachweis der Effizienzgewinne entbindet, die objektiv, konkret und nachprüfbar sein müssen, dürften die entsprechenden Nachweisanforderungen auch aufgrund der teilweise komplexen ökonomischen Modelle eine Herausforderung für die betroffenen Unternehmen und die kartellrechtliche Praxis darstellen. Hierfür hält der Entwurf der Horizontal-LL keine konkreten Lösungen bereit, sondern verweist auf die erst noch zu entwickelnde Fallpraxis, die auch zu belastbaren Bewertungsmethoden führen könnte.

Ferner stellt die Kommission klar, dass die insbesondere bei Nachhaltigkeitsvereinbarungen auftretenden kollektiven Gewinne, die auf einem anderem als dem von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Markt eintreten, grundsätzlich im Rahmen von Art. 101 Abs. 3 AEUV zu berücksichtigten sind. Die Kommission fordert jedoch für die Berücksichtigung kollektiver Verbrauchervorteile ein hohes Maß an Überschneidung zwischen den von der Beschränkung betroffenen und der von den Effizienzgewinnen begünstigten Verbrauchergruppe. Insoweit bleibt die Kommission im Grundsatz ihrer bisherigen Praxis treu, eine angemessene Beteiligung der Verbraucher auf dem betroffenen Markt vorauszusetzen. Darüber hinaus verlangt die Kommission für eine "angemessene Verbraucherbeteiligung", dass die Gesamtwirkungen auf die Verbraucher auf dem betroffenen Markt zumindest neutral sein müssen. Damit positioniert sich die Kommission deutlich zurückhaltender als beispielsweise die niederländische Wettbewerbsbehörde Autoreit Consument & Markt, die sich für eine stärkere Berücksichtigung kollektiver Vorteile jenseits des betroffenen Marktes sowie gegen die Notwendigkeit einer vollen Kompensation der Verbraucher auf dem betroffenen Markt ausspricht.

2. Mehr Nachhaltigkeit im Agrarsektor: Freistellung vom Kartellverbot

Von besonderer Bedeutung für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen im Agrarsektor dürfte der Ende 2021 in Erweiterung der VO Nr. 1308/2013 in Kraft getretene Art. 210 a über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse ("GMO") sein. Danach findet das Kartellverbot aus Art. 101 Abs. 1 AEUV keine Anwendung auf Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Erzeugern landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die sich auf die Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder den Handel mit diesen beziehen und darauf abzielen, einen höheren Nachhaltigkeitsstandard anzuwenden, als er durch das Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben ist. Diese Freistellung gilt jedoch nur, wenn mit diesen Vereinbarungen, Beschlüssen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen lediglich Wettbewerbsbeschränkungen auferlegt werden, die für das Erreichen des höheren Nachhaltigkeitsstandards unerlässlich sind. Die Ausnahme ist nicht auf die Erzeugerebene beschränkt, sondern gilt auch für wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen zwischen Erzeugern und Unternehmen auf verschiedenen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Handels der Lebensmittelversorgungskette.

II. VON BANANEN, RINDERN UND MILCH – NACHHALTIGKEITSINITIATIVEN IN DER FALLPRAXIS DES BUNDESKARTELLAMTS

Im Gegensatz zur Kommission verfolgt das Bundeskartellamt weiterhin den Ansatz, Nachhaltigkeitsinitiativen im Rahmen des Aufgreifermessens im Einzelfall zu prüfen und "Guidance" für Unternehmen "lediglich" anhand der Fallpraxis bereitzustellen. In jüngster Zeit hat das Bundeskartellamt seine Bewertung von vier Nachhaltigkeitsinitiativen veröffentlicht, die alle im Lebensmittelbereich zu verorten sind. Drei dieser Initiativen erhielten vom Bundeskartellamt grünes Licht, während die vom Agrardialog Milch vorgeschlagenen Preisaufschläge zugunsten der Rohmilcherzeuger das Bundeskartellamt nicht überzeugen konnten.

So hatte das Bundeskartellamt keine wettbewerblichen Bedenken gegen die Nachhaltigkeitsinitiative der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ("GIZ") sowie der Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zur Förderung existenzsichernder Löhne (Living Wages). Ein Ziel der Initiative ist die freiwillige Selbstverpflichtung der teilnehmenden Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels, bis 2025 möglichst 50 Prozent der in Deutschland als Eigenmarken verkauften Bananen entsprechend der sogenannten Living Wages-Kriterien abzusetzen. Zudem will die Initiative die gemeinsame Einführung verantwortungsvoller Beschaffungspraktiken sowie die Entwicklung von Prozessen zum Monitoring transparenter Löhne vorantreiben. Für die positive kartellrechtliche Beurteilung war insbesondere entscheidend, dass im Zusammenhang mit der Initiative kein Informationsaustausch zu Einkaufspreisen, Kosten, Produktionsmengen oder Margen stattfindet. Zudem war aus Sicht des Bundeskartellamts von Relevanz, dass durch die Initiative keine verpflichtenden Mindestpreise, Preisaufschläge oder sonstigen Vorgaben eingeführt werden, wie die höheren Kosten entlang der Lieferkette weitergegeben werden und es deshalb nicht zu einer faktischen Preisbindung der zweiten Hand kommt.

Zudem hatte das Bundeskartellamt gegen die Erweiterung der Initiative Tierwohl ("ITW"), mit der sich das Bundeskartellamt seit 2014 befasst, auf den Bereich der Rindermast keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken. Das wichtigste Element dieser Initiative ist die Zahlung eines einheitlichen Preisaufschlags an Tierhalter, die bestimmte Tierwohlkriterien erfüllen, um so die Verbesserung der Haltungsbedingungen zu belohnen. Dieser Preisaufschlag wird durch die Lebensmitteleinzelhandelskonzerne finanziert. Auch wenn das Bundeskartellamt der Vereinbarung eines einheitlichen Preisaufschlags kritisch gegenüberstand, toleriert es diesen aufgrund des Pioniercharakters des Projekts für eine Übergangsphase, die nun bis 2024 verlängert wurde. Für die Zeit danach ist ITW aufgerufen, ein Finanzierungsmodell mit stärker wettbewerblichen Elementen zu präsentieren. Das Bundeskartellamt will sich dann auch vertieft mit einer möglichen Anwendbarkeit von Art. 210 a GMO befassen.

Auch einer vergleichbaren Initiative für mehr Tierwohl in der Milcherzeugung der "Branchenvereinbarung Milch" des QM-Milch e.V. gab das Bundeskartellamt grünes Licht. Im Mittelpunkt der Initiative steht die Einführung eines Labels für Produkte, welche die Tierwohlkriterien des QM+-Programms erfüllen. Die anfallenden Mehrkosten sollen mittels eines sogenannten Tierwohlaufschlages für die Erzeuger finanziert werden. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich Milch eine Vielzahl von Konkurrenzlabeln existiert, zwischen diesen Marken intensiver Wettbewerb besteht und nur ein Teil der Molkereien an dem QM+-Programm teilnimmt, kam das Bundeskartellamt zu einer positiven kartellrechtlichen Bewertung der Initiative. In dieser Entscheidung zeigte sich bereits die Bedeutung des auf europäischer Ebene neu eingeführten Art. 210 a GMO für die kartellrechtliche Beurteilung von Nachhaltigkeitsinitiativen in der Agrarindustrie. So sei nach Ausführungen des Bundeskartellamts die Entscheidung, die Initiative für mehr Tierwohl in der Milcherzeugung zu tolerieren, auch "im Lichte" des Art. 210 a GMO erfolgt.

Dagegen bewertete das Bundeskartellamt das vom Agrardialog Milch vorgestellte Finanzierungskonzept, nach dem Preisaufschläge zugunsten von Rohmilcherzeugern zwischen den Erzeugern, Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel vereinbart werden sollten, als Verstoß gegen das Kartellverbot. Nach Ansicht des Bundeskartellamts diene das Konzept allein der Sicherstellung eines höheren Einkommensniveaus für Milcherzeuger, ohne aber Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Aufgrund des fehlenden Beitrags zu einem höheren Nachhaltigkeitsstandard käme auch keine Freistellung dieser Vereinbarung nach Art. 210 a GMO in Betracht, zumal auch die Unerlässlichkeit der Beschränkung in Frage stünde.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, hat wiederholt hervorgehoben, das Kartellrecht stehe "Kooperationen zum Erreichen von Nachhaltigkeitszielen nicht im Wege". Dementsprechend zeigen die soeben erörterten Beispiele aus der Entscheidungspraxis eine grundsätzlich wohlwollende Einstellung des Bundeskartellamts zu Nachhaltigkeitsinitiativen. Gleichzeitig wird durch die Entscheidung zum Agrardialog Milch deutlich, dass das Bundeskartellamt nicht bereit ist, Kooperationen von Wettbewerbern, die unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen, einen Freifahrtschein zu erteilen. Nichtsdestotrotz bringt der fallspezifische Ansatz des Bundeskartellamts Rechtsunsicherheiten bei der kartellrechtlichen Bewertung von Nachhaltigkeitsinitiativen mit sich, während die wettbewerbspolitische Agenda 2025 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz das Ziel formuliert, "den Unternehmen einen klaren Rechtsrahmen für Nachhaltigkeitskooperationen zu bieten."

III. FAZIT UND AUSBLICK

Die fortlaufende Befassung des Bundeskartellamts und der Kommission mit dem Thema Nachhaltigkeit und Wettbewerb verdeutlichet, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in der behördlichen Kartellrechtspraxis einen starken Bedeutungszuwachs erfahren hat. Zudem machen die Veröffentlichungen der Wettbewerbsbehörden deutlich, dass das Bedürfnis von Unternehmen nach Rechtssicherheit in Bezug auf nachhaltigkeitsfördernde Kooperationen ernstgenommen wird.

Auch in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind spannende Ansätze bei der kartellrechtlichen Behandlung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen zu beobachten. Der österreichische Gesetzgeber hat die Ausnahme vom nationalen Kartellverbot dahingehend erweitert, dass eine "ausreichende Beteiligung der Verbraucher" auch dann gegeben sei, wenn der vorausgesetzte Gewinn, der aus der Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen/wirtschaftlichen Fortschritts entsteht, wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beiträgt. Es bleibt abzuwarten, ob sich der deutsche Gesetzgeber – wie in der Agenda 2025 angekündigt – für den Erlass vergleichbarer Rechtsvorschriften in Deutschland entscheidet.

Die Horizontal-LL, die Anfang 2023 in Kraft treten sollen, sind ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit. Die Kommission hat zudem in ihrem Competition Policy Brief ihre Bereitschaft betont, auf Antrag Nachhaltigkeitsinitiativen zu prüfen und darüber hinaus Entscheidungen zu erlassen, in denen sie feststellt, dass bestimmte Vorschriften des Kartellrechts nicht auf Nachhaltigkeitsinitiativen anwendbar sind. Dies eröffnetet kooperationswilligen Unternehmen im Einzelfall die Möglichkeit, Rechtssicherheit für die angestrebte Nachhaltigkeitsinitiative zu erreichen. Für Unternehmen, die im Rahmen von Nachhaltigkeitsinitiativen kooperieren wollen, ist eine umfassende kartellrechtliche Prüfung und ggf. eine Abstimmung dieser Initiativen mit den Kartellbehörden der beste Weg für eine kartellrechtskonforme und rechtssichere Ausgestaltung ihrer Kooperationsvorhaben für mehr Nachhaltigkeit.

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Dr. Silke Möller

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Ein Jahr nach der Altice-Entscheidung des EuG – Bedeutung für die M&A-Praxis

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Ein Jahr nach der Altice-Entscheidung des EuG – Bedeutung für die M&A-Praxis

22. September 2022

Am 22. September 2021 bestätigte das Gericht der Europäischen Union (EuG) in seiner Altice-Entscheidung die bislang höchste Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem kartellrechtlichen Vollzugsverbot (T-425/18). Die Europäische Kommission hatte in ihrer Entscheidung in der Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags mit bestimmten Genehmigungsvorbehalten zugunsten der Käufergesellschaft (sog. Pre-Closing Covenants) einen Verstoß gegen das kartellrechtliche Vollzugsverbot und die Anmeldepflicht gesehen und ein Rekord-Bußgeld in Höhe von EUR 124,5 Mio. verhängt (M.7993), welches das EuG nach Abschluss des Gerichtsverfahrens nur leicht nach unten korrigierte. Die gegen die Entscheidung des EuG gerichtete Rechtsbeschwerde ist gegenwärtig beim EuGH anhängig (C-746/21 P).

Die Altice-Entscheidung des EuG ist ein wichtiger Schritt bei der Ausformung der kartellrechtlichen Pflichten im Rahmen der M&A-Vertragsgestaltung und daher auch ein Jahr nach dem Urteil von anhaltender Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Bußgeldrelevanz von etwaigen Verstößen gegen das Vollzugsverbots - wie zuletzt in der Sache Canon durch das EuG bestätigt (T-609/19) -  sowie der zu erwartenden Entscheidung des EuGH in der Sache Altice lohnt sich daher ein erneuter Blick auf die kartellrechtliche Beurteilung der in der M&A-Praxis verbreiteten Pre-Closing Covenants.

I. Hintergrund und Verfahrensablauf

Das niederländische Kabel- und Telekommunikationsunternehmen Altice beabsichtigte, durch einen im Dezember 2014 geschlossenen Anteilskaufvertrag die alleinige Kontrolle über den portugiesischen Konkurrenten PT Portugal zu erwerben. Dieser Erwerb war nach der Fusionskontrollverordnung (FKVO) anmeldepflichtig. Im Anteilskaufvertrag wurden für den Zeitraum zwischen der Unterzeichnung des Vertrags (Signing) und dessen Vollzug (Closing) zugunsten von Altice gewisse Geschäftsentscheidungen der Zielgesellschaft unter Genehmigungsvorbehalt gestellt. Die Pre-Closing Covenants bezogen sich unter anderem auf Veränderungen der Führungsebene, Änderungen der Preispolitik und Konditionen gegenüber Kunden sowie den Abschluss, die Modifikation oder die Beendigung bestimmter Verträge.

Nach Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags und formeller Anmeldung der Transaktion bei der Europäischen Kommission wurde der Erwerb von der Europäischen Kommission nach Abgabe von Veräußerungszusagen durch die Parteien in der Sache freigegeben, womit das Vollzugsverbot entfiel. Gleichwohl leitete die Europäische Kommission eine Untersuchung wegen eines möglichen Verstoßes insbesondere gegen das Vollzugsverbot ein. Die Europäische Kommission bewertete die Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags aufgrund der Pre-Closing Covenants als Verstoß gegen das Vollzugsverbot (Art. 7 FKVO) sowie gegen die Anmeldepflicht (Art. 4 FKVO) und verhängte gegen Altice schließlich Bußgelder wegen dieser Verstöße in Höhe von jeweils EUR 62,25 Mio. Auch den mit Blick auf die Pre-Closing Covenants erfolgten Informationsaustausch zwischen Altice und PT Portugal nach dem Signing sah die Europäische Kommission als Teil des Verstoßes. Nach Ansicht der Europäischen Kommission war dabei nicht entscheidend, dass die Genehmigungsvorbehalte und die damit verbundene Möglichkeit der Einflussnahme als solche noch nicht zu einem dauerhaften Kontrollwechsel führten.

Gegen diese Bußgeldentscheidung erhob Altice Klage vor dem EuG, das die Kommissionsentscheidung jedoch weitgehend bestätigte und lediglich das Bußgeld geringfügig reduzierte.

II. Rechtliche Einordnung

Art. 4 Abs. 1 FKVO bestimmt, dass Zusammenschlüsse, die die in Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO defi-nierten Schwellenwerte überschreiten, vor ihrem Vollzug bei der Europäischen Kommission anzu-melden sind. Das für den Fall einer Anmeldepflicht greifende Vollzugsverbot ist in Art. 7 Abs. 1 FKVO normiert. Hiernach darf ein Zusammenschluss bis zur Freigabe durch die Europäische Kommission nicht vollzogen werden. Die an der Transaktion beteiligten Unternehmen sollen bis zur Freigabe weiter als unabhängige Unternehmen agieren. Im Fall eines Verstoßes gegen Art. 4 FKVO oder Art. 7 FKVO ist die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 2 FKVO berechtigt, Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des letztjährigen Konzerngesamtumsatzes zu verhängen.

Vollzugsverbote gehören zum fusionskontrollrechtlichen Standard und existieren in einer Vielzahl von Jurisdiktion innerhalb und außerhalb der europäischen Union.

III. Pre-Closing Covenants als Verstoß gegen das Vollzugsverbot

1. Allgemeine Einführung

Pre-Closing Covenants werden in aller Regel in Anteilskaufverträge aufgenommen, um dem grundsätzlich legitimen Interesse des Käufers an der Erhaltung des Zielgeschäfts zwischen Signing und Closing Rechnung zu tragen. Der Zustand des Zielgeschäfts im Zeitpunkt des Closings soll möglichst demjenigen im Zeitpunkt des Signings entsprechen. Dazu werden die Freiräume des Verkäufers mit Blick auf die Führung des Zielgeschäfts für den relevanten Zeitraum durch die Auferlegung von Verhaltenspflichten wie bspw. Genehmigungsvorbehalte oder Konsultationsrechte begrenzt und damit der Wert des Zielgeschäfts gesichert. 

Die Einflussnahme des Käufers auf das Zielgeschäft bzw. die Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Verkäufers steht in einem Spannungsverhältnis zum Vollzugsverbot und ggf. zur Anmeldepflicht. Die im Vollzug der Transaktion liegende Kontrollveränderung darf erst nach Freigabe durch die Europäische Kommission erfolgen. Zulässig sind bis dahin allein Maßnahmen, die den Vollzug vorbereiten, ohne ihn (teilweise) vorwegzunehmen. Bei der Bewertung von Pre-Closing Covenants ist demnach entscheidend, ob in ihnen im Einzelfall lediglich eine zulässige Vorbereitungsmaßnahme oder bereits der Vollzug der Transaktion zu sehen ist, d.h. ob sie ganz oder teilweise, tatsächlich oder rechtlich zu einer Veränderung der Kontrolle des Zielunternehmens beitragen (Vgl. EuGH, Urt. v. 31. Mai 2018 – ECLI:EU:C:2018:371, Rn. 59 "E&Y").

2. Entscheidungsgründe

In der Altice-Entscheidung hat sich das EuG mit der Frage auseinandergesetzt, in welchem Umfang dem Veräußerer und der Zielgesellschaft Beschränkungen zwischen Signing und Closing auferlegt werden können und dabei die schwierig zu ziehende Grenze zwischen einer zulässigen Vorbereitungshandlung und dem vorzeitigen Vollzug weiter konkretisiert, wenngleich weite Graubereiche verbleiben.

Das EuG erkennt grundsätzlich das Bedürfnis für Pre-Closing Covenants an, soweit sich diese auf das zum Erhalt des Unternehmenswerts bzw. der Integrität des Zielgeschäfts notwendige Maß beschränken. Dem Erwerber dürfe hingegen nicht die Möglichkeit eines bestimmenden Einflusses auf das Zielgeschäft eröffnet werden, weil dieser – also der Erwerb von Kontrolle im kartellrechtlichen Sinne – erst nach der Freigabe erfolgen dürfe. Nicht entscheidend ist dabei nach Auffassung des EuG, dass einzelne Einflussnahmemöglichkeiten für sich gesehen noch nicht zu einem dauerhaften Kontrollwechsel und damit vollständigem Vollzug führen.

Insgesamt hat das EuG im Rahmen der Altice-Entscheidung drei Kategorien von Genehmigungsvorbehalten beanstandet:

  • Dies betrifft zunächst die Ernennung und Abberufung von Führungskräften, weil die Mitbestimmung bei der Ernennung und Abberufung von Führungskräften nach Auffassung des EuG bereits einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Zielgesellschaft ermöglicht und damit zu einem vorzeitigen Vollzug führt.
  • Auch Vetorechte mit Blick auf die Gestaltung der Preispolitik und der Geschäftsbedingungen mit Kunden sind nach Auffassung des EuG zu weitgehend, zumindest soweit der Anwendungsbereich nicht klar begrenzt wird und somit sehr weite Möglichkeiten zur Einflussnahme bestehen. Im konkreten Fall hätte jede Preisänderung und die Änderung von jeglichen Standardverträgen einem Genehmigungsvorbehalt unterlegen. Das EuG sieht hierin die Möglichkeit, bestimmenden Einfluss auszuüben.
  • Zudem sieht das EuG den im Anteilskaufvertrag enthaltenen Katalog mit zustimmungspflichtigen Geschäften (z.B. Abschluss von Verträgen, Erwerb von Vermögensgegenständen) kritisch. Durch zu weit gefasste Genehmigungsvorbehalte mit Blick auf die Geschäftstätigkeit wird nach Ansicht des EuG bereits ein bestimmender Einfluss auf die Geschäftspolitik eröffnet, der nicht mehr von einem legitimen Interesse gedeckt ist. Kriterien zur Bestimmung von angemessenen Schwellenwerten führt das EuG nicht an.

Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot nach Art. 7 Abs. 1 FKVO setzt dabei nach Auffassung des EuG nicht voraus, dass der Käufer von Rechten aus dem Anteilskaufvertrag auch Gebrauch macht (wenngleich Altice dies vorliegend getan hatte). Schon bei Unterzeichnung des Pre-Closing Covenants enthaltenden Anteilskaufvertrags sei der Verstoß verwirklicht, weil schon die Möglichkeit der Ausübung des bestimmenden Einflusses Kontrolle begründe und damit erst nach Freigabe eingeräumt werden dürfe. 

Zudem stuft das EuG den Austausch von wettbewerbsrechtlich sensiblen Informationen, bspw. über zukünftige Strategien und kommerzielle Ziele von PT Portugal, nach dem Signing als Bestandteil des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot bzw. die Anmeldeplicht ein. Der Austausch nach Signing, der nicht mehr dem Interesse des Käufers an der Werterhaltung diene, sei Teil der und belege die unzulässige Einflussnahme auf das Zielgeschäft. Weil das vollzugsrelevante Verhalten im konkreten Fall schon im Zeitpunkt des Signings und damit vor der förmlichen Anmeldung erfolgte, sieht das EuG zudem einen Verstoß gegen Art. 4 FKVO. Insoweit geht das EuG davon aus, dass die Ve

Zudem stuft das EuG den Austausch von wettbewerbsrechtlich sensiblen Informationen, bspw. über zukünftige Strategien und kommerzielle Ziele von PT Portugal, nach dem Signing als Bestandteil des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot bzw. die Anmeldeplicht ein. Der Austausch von Informationen nach Signing, der nicht mehr dem Interesse des Käufers an der Wertermittlung diene, sei Teil der und belege die unzulässige Einflussnahme auf das Zielgeschäft. Ob auch ein alleiniger Informationsaustausch nach Signing einen Verstoß gegen das Vollzugsverbot begründen kann, lässt das EuG offen. 

Weil das vollzugsrelevante Verhalten im konkreten Fall schon im Zeitpunkt des Signings und damit vor der förmlichen Anmeldung erfolgte, sieht das EuG wie die Europäische Kommission zudem einen Verstoß gegen Art. 4 FKVO. Insoweit geht das EuG davon aus, dass die Verhängung von zwei Bußgeldern für dasselbe Verhalten nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art. 49 Abs. 3 GrCh verstößt. Die Vorschriften der Art. 4 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 lit. a FKVO und Art. 7 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 lit. b FKVO verfolgten autonome Ziele. Zudem gewährleistet nach Ansicht des EuG die Möglichkeit, zwei Bußgelder zu verhängen, eine Differenzierung zwischen verschiedenen Verhaltensweisen und damit eine effektive Fusionskontrolle.

IV. Auswirkungen auf die Praxis

Die Altice-Entscheidung des EuG (und ihre weite Auslegung von unzulässigen Vollzugshandlungen) hat dazu beigetragen, den Parteien und ihren Beratern das Vollzugsverbot auch im Kontext von Pre-Closing Covenants verstärkt ins Bewusstsein zu rufen, zumal entsprechende Regelungen zum Standard vieler Transaktion gehören. Bei der vertraglichen Gestaltung von Pre-Closing Covenants sind daher neben der Sicherstellung ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit auch die Bußgeldrisiken zu berücksichtigen.

Da bereits die Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags zu einem Verstoß gegen das kartellrechtliche Vollzugsverbot führen kann, ist es geboten, sich bereits in der Frühphase einer Transaktion mit der Thematik auseinander zu setzen und nicht unbedacht zu weitreichende Genehmigungsvorbehalte zu fordern bzw. zu gewähren. Bei der Aufnahme von Pre-Closing Covenants in den Anteilskaufvertrag sollte daher insbesondere der Käufer im Einzelfall sorgfältig prüfen, welche Vorbehalte tatsächlich notwendig sind, um seine legitimen Interessen (Werterhalt, Integrität des Zielgeschäfts) zu wahren. Als Faustregel dürfte gelten, dass Pre-Closing Covenants möglichst eng formuliert, klar definiert und keinesfalls in den "ordinary course of business" des Zielgeschäfts eingreifen sollten. 

Da bereits die Unterzeichnung des Anteilskaufvertrags zu einem Verstoß gegen das kartellrechtliche Vollzugsverbot führen kann, ist es geboten, sich bereits in der Frühphase einer Transaktion mit der Thematik auseinander zu setzen und nicht unbedacht zu weitreichende Genehmigungsvorbehalte zu fordern bzw. zu gewähren. Bei der Aufnahme von Pre-Closing Covenants in den Anteilskaufvertrag sollte daher insbesondere der Käufer im Einzelfall sorgfältig prüfen, welche Vorbehalte tatsächlich notwendig sind, um seine legitimen Interessen (Werterhalt, Integrität des Zielgeschäfts) zu wahren. Als Faustregel dürfte gelten, dass Pre-Closing Covenants möglichst eng formuliert, klar definiert und keinesfalls in den "ordinary course of business" des Zielgeschäfts eingreifen sollten. 

Noch zulässig dürften z.B. Vetorechte sein, die sich auf den Abschluss von Geschäften beziehen, welche den Geschäftsbestand unmittelbar berühren und auch ausweislich ihres Volumens (Schwellenwerte) außerhalb des "ordinary course of business" liegen, bspw. die Veräußerung von wesentlichen Vermögensgegenständen. Etwaige Schwellenwerte sollten an sachlichen, nachvollziehbaren Kriterien orientiert sein und müssen so gewählt sein, dass sie angesichts des üblichen Geschäfts- und Investitionsvolumens des Zielgeschäfts nicht als Eingriff in den ordentlichen Geschäftsbetrieb erscheinen. Hier bedarf es einer Einzelfallbetrachtung. Arbeitnehmerbezogene Zustimmungsvorbehalte könnten etwa derart ausgestaltet werden, dass sie sich auf die Weiterbeschäftigung von – sofern vorhanden – für die Zielgesellschaft wesentlichen Schlüsselmitarbeitern beschränken. Kritisch zu sehen sind hingegen grundsätzlich Zustimmungsvorbehalte hinsichtlich des Geschäftsplans, des Jahresbudgets, der Besetzung der Geschäftsleitung und des ordentlichen Geschäftsbetriebs.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für die EU-Fusionskontrolle, sondern auch bei Transaktionen, die außerhalb der EU oder in einzelnen Mitgliedstaaten angemeldet werden müssen. In den allermeisten Jurisdiktionen dürfen anmeldepflichtige Vorhaben vor der Freigabe nicht vollzogen werden. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch nationale Wettbewerbsbehörden in Zukunft verstärkt die vertragsrechtlichen Grundlagen einer Transaktion in den Blick nehmen. Naheliegend ist dies insbesondere dann, wenn die vertragliche Dokumentation im Rahmen der Fusionskontrolle mit eingereicht werden muss.

Schließlich ruft die Entscheidung des EuG die Brisanz des Informationsaustauschs zwischen an einer Transaktion beteiligten Wettbewerbern in Erinnerung. Ein ungefilterter Informationsaustausch begründet leicht ein erhebliches kartellrechtliches Haftungsrisiko, nicht nur im Kontext von Art. 101 AEUV. Die sorgfältige Organisation der Informationsflüsse auch jenseits der Due Diligence-Phase sollte daher ein wesentlicher Eckpfeiler des Transaktionsmanagements sein.

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Dr. Max Schulz

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Harbinger of Things to Come – Takeaways from the German Way to Deal with Big Tech

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Harbinger of Things to Come – Takeaways from the German Way to Deal with Big Tech

7 September 2022

In January 2021, the 10th amendment to the German Act against Restraints of Competition ("ARC") came into force and heralded the dawn of a new era in international digital antitrust law. With the so-called "ARC-Digitalization-Act" Germany introduced, as first country in the world, an innovative set of rules which intends to put its competition watchdog in a position to intervene earlier and more effectively against competitive practices of Big Tech that are widely regarded as anti-competitive today. The new rules aim to tackle dysfunctional competitive structures in the digital sector and corresponding detrimental effects – to the benefit of competitors, consumers, and the society overall.

However, the new German regulatory environment is only one piece of the larger puzzle. As legislators all over the world bolster the powers of their regulatory agencies to effectively address anti-competitive conduct of Big Tech, public enforcement will be on the rise in the coming years. Yet, in view of notorious tight budgets and limited (personnel) resources of the public hand, effective enforcement of the new rules will also require supplementary private enforcement, as we are already accustomed with in the field of antitrust law. Market participants that deal with Big Tech will, thus, have to assess whether their business partners comply with the multitude of obligations arising under the new digital competition regulations. Private initiative via complaints with the authorities or private enforcement before the national courts will likely be a big factor.

Against this background, the following blogpost looks at the initial public enforcement activities of the German Federal Cartel Office ("FCO") with respect to Sec 19a ARC against Google, Amazon, Meta, and Apple. In this regard, the post provides a first impression of Big Tech's business conduct as well as its fields of activities which the FCO will likely address in the coming years. This should help market participants to keep an eye on relevant developments in order to monitor and – if needed – to enforce compliance.

CURRENT STATUS OF THE FCO'S PROCEEDINGS AGAINST GAFA

Introduction

Shortly after the ARC-Digitalization-Act came into force in early 2021, the FCO picked up the ball and initiated proceedings against Google, Amazon, Meta/Facebook, and Apple under the newly introduced Sec 19a ARC. Pursuant to Sec 19a(1) ARC, the FCO may – in a first step – declare that a certain company has a "paramount significance for competition across markets". In a second step, pursuant to Sec 19a(2) ARC, the FCO may prohibit such a company from engaging in certain practices, e.g., self-preferencing, raising barriers to entry for other market participants, etc. Should the addressee of the FCO's decision not comply, it will automatically violate the German ARC without the FCO having to proof any further effects on competition in an individual case.

Until Septemner 2022, the FCO has issued three decisions under Sec 19a(1) ARC, namely concerning Google, Meta, and Amazon. Decisions pursuant to Sec 19a(2) ARC will surely follow (see below). Apple's case is still pending but expected to close soon with the fourth consecutive declaration under Sec 19a(1) ARC.

Google

Google (with revenues of approximately USD 260 billion in 2021) was the first target of the FCO. On 20 December 2021, the FCO declared that Google has "paramount significance for competition across markets". Google accepted the verdict and did not lodge an appeal.

While the FCO did not rule on any specific conduct yet, the decision finds that Google has a superior, if not dominant, position in a variety of markets, including (i) general search services, (ii) search-linked advertising, (iii) Android and Play Store, (iv) Chrome and (v) Youtube. These findings may already prove helpful for market participants who are contemplating about bringing an individual case against Google – be it with a view to non-compliance with existing competition rules or new regulatory regimes or with a view to claiming damages suffered as a result of Google's market conduct in the past, e.g., app-publishers or companies from the advertising industry. 

Moreover, the FCO has already identified certain practices it intends to scrutinize with a view to possible prohibition decision pursuant to Sec 19a(2) ARC: 

  • The FCO is investigating a variety of restrictive practices regarding the combination of Google's map services with third-party map services. The FCO intends to examine, inter alia, whether Google impedes the integration of location data from Google Maps, the search function, or Google Street View data into non-Google applications. Furthermore, the FCO investigates Google's licensing conditions for the use of its maps services in vehicles.
  • Also, the rollout of Google's News Showcase service in Germany is subject to the FCO's scrutiny. Google's news offering provides the opportunity for highlighted and in-depth presentation of publisher content and was made available to several German publishers in 2020. Based on a complaint filed with the FCO by Corint Media, the agency is examining a variety of issues, namely (i) the integration of Google's News Showcase into Google search and its presentation with a view to self-preferencing, (ii) the contractual conditions with a view to unreasonable disadvantages for cooperating publishers (in particular, a possible impediment to intellectual property rights) and (iii) the conditions for access to Google News Showcase with a view to whether non-discriminatory access for press publishers is guaranteed. Google has already modified some of its Showcase practices and has agreed to address further ambiguities and concerns through changes in the underlying agreements and through clarifying statements. Stakeholders were consulted on Google's proposed measures in January 2022, but no decision has been reached yet. 
  • Finally, the FCO is taking a detailed look at Google's data processing conditions. A key question in this context is whether companies and consumers have sufficient choice regarding the use of their data by Google if they want to use any of Google's services.

Amazon

On 5 July 2022 the FCO, based on Sec 19a(1) ARC, determined that Amazon has a "paramount significance for competition across markets" and found that Amazon's multi-market relevance stems, inter alia, from its e-commerce activities as a retailer and marketplace provider. The FCO emphasized, however, that Amazon has supplemented its core products with a large variety of further services over the years, including its prime offers as well as logistics, advertising, and payment processing services. Finally, Amazon is considered a global leader in the field of cloud computing, where it generated approximately 56% of its net revenues in 2021.

In its decision, the FCO highlights that Amazon has a unique position in German online retailing through its trading platform and has, in terms of marketplace services for commercial retailers in Germany, a revenue-based market share of over 70% leading to market dominance. Furthermore, due to its position as the central only sales platform, Amazon is able to set the rules for competition on the platform and influence its competitors' success. The FCO further found that Amazon can control other companies' access to a variety of supply and demand markets, while playing out its dual role as retailer and marketplace. 

Unlike Google and Meta/Facebook (see below), Amazon has challenged the FCO's finding under Sec 19a(1) ARC before the Federal Supreme Court. It will be the first time the new rules will be tested before court.

As regards the potential for prohibition orders under Sec 19a(2) ARC against Amazon in the future, the situation is somewhat unclear. While the FCO has initiated proceedings against Amazon under the traditional abuse of dominance framework (Art 102 TFEU, Sec 19 et seq ARC), it remains to be seen whether the FCO will follow through or whether it will take advantage of its powers under Sec 19a(2) ARC. The current abuse of dominance proceedings concern 

  • the extent to which Amazon uses price control mechanisms or algorithms to abusively influence the pricing of other retailers operating on the Amazon marketplace and 
  • to what extent agreements between Amazon and brand manufacturers (including Apple) exclude third-party retailers from selling branded products on the Amazon marketplace. 

In any event, companies relying on the Amazon marketplace including other services should be mindful of the FCO investigation and possible effects on its business. In this context it should be kept in mind that the European Commission is also investigating Amazon under Art 102 TFEU with a view to Amazon's BuyBox and Marketplace. The European Commission is assessing whether Amazon has abused its dominance by systematically relying on non-public data that it obtains as marketplace operator to the benefit of its own retail business, and by artificially favoring its own retail offers and offers of marketplace sellers that use Amazon’s logistics and delivery services. While Amazon does not agree with the Commission's findings, it has offered commitments pursuant to Art 9 of Regulation (EC) No 1/2003 to address the Commission's competition concerns. The Commission has invited interested third parties on 20 July 2022 to comment on Amazon's proposed commitments by 9 September 2022 (Link). It remains to be seen what the outcome of the proceedings will be and which relation it will have to comparable decisions of national competition authorities (such as the FCO's decisions under Sec 19a para 2 ARC) or to Amazon's obligations under the DMA.

Meta/Facebook

Meta' prominence predominantly stems from its social media services Facebook (including the Facebook Messenger), Instagram, and WhatsApp. However, the company is building towards an all-encompassing ecosystem, the metaverse – a comprehensive virtual 3D world for a new-generation Internet – and is thus investing substantial resources in innovative hard- and software appliances. 

Against this background, the FCO held in its Sec 19a(1) ARC decision, which Meta – like Google, but unlike Amazon – did not contest, that Meta's market dominance, its vertical integration, its conglomerate ties as well as its data access are of particular importance and, thus, that the company has "paramount significance for competition across markets". In its decision, the authority found that Meta holds a dominant position, if not a monopoly, on the market for social networks for private users in Germany and at the same time has a very strong position in social media advertising. As a result of Meta's position in private social networks, access to the company's channels is indispensable for advertisers. Due to its role as owner of the core online social communication infrastructure, access to Meta's services/advertising spaces has a considerable influence on the opportunities for commercial communication and, thus, on the ability to successfully advertise and market a multitude of products and services in social networks.

In addition to the ongoing Sec 19a ARC proceeding, the FCO already issued a decision against Meta under the traditional competition law framework at the beginning of 2019 and prohibited it to combine user data from different sources under the rules against an abuse of a dominant position. However, Meta has contested the decision and the respective litigation is still pending, currently at the European Court of Justice. Moreover, the FCO investigates the combination of Meta Quest's (formerly Oculus) 3D glasses service with Facebook. The investigation started in 2020 and was included into the Sec 19a ARC-proceeding later.

Apple

As regards Apple, the FCO has not issued a decision yet. However, it appears to be a foregone conclusion the Apple will follow the road Google, Amazon and Meta have taken. In fact, the FCO has already indicated the practices it intends to review under Sec 19a(2) ARC: 

  • The implementation of Apple's App Tracking Transparency (ATT) Framework to the detriment of advertisers and app-publishers, which rely on tracking data to monetize their content via targeted advertising. Those practices are, inter alia, subject of an antitrust litigation against Apple filed by several publishers, including French newspapers Le Figaro and L'Equipe, in the United States District Court for the Northern District of California on 1 August 2022.
  • The exclusive pre-installation of Apple's own apps as a possible case of self-preferencing and the resulting damages to competing app-publishers which rely on the iOS system to market their products and services.
  • The notorious obligation for app-publishers to exclusively use Apple's own payment system for in-app purchases and to pay the associated commission rates of up to 30%.

Apple's practices are the subject of an increasing number of antitrust probes following complaints from market participants. This includes proceedings, e.g., by the European Commission, which investigates Apple's conduct with regard to access to the iOS NFC technology for mobile payment services and the 30% commission on in app purchases (see Link). Additionally, more and more private antitrust litigation is pending, for instance in the United States, Australia, the United Kingdom, the Netherlands and Portugal (see Link), increasing the pressure on Apple. Especially the latter development shows that private antitrust enforcement plays a vital role and that affected undertakings should consider to take action to protect their commercial interests in the absence or even alongside public enforcement. The FCO's Sec 19a(1) and (2) ARC decisions will surely help in this endeavor.

TAKEAWAYS FOR DECISION-MAKERS

The entrenched structures on digital markets have already been identified some time ago as a major problem for both the global economy and the functioning of democratic societies. As a result, the business practices of Big Tech have not only come into the focus of antitrust authorities based on the traditional "antitrust tool kit", but have also become the subject of numerous innovative legislative initiatives around the globe. The German Sec 19a ARC and the corresponding decisions of the FCO give a taste of things to come. Beyond the German regulatory framework, the European Union with its recently adopted DMA follows suit, providing an alternative to the individual assessment of practices under antitrust law. Practices currently investigated under Art 102 TFEU – such as the 30% commission on in app-purchases (Art 5(7) DMA) or self-preferencing (Art 6(5) DMA) – will be straight out unlawful. While it remains to be seen what effects the multiple efforts of legislators and competition authorities around the globe will eventually have, it appears very likely that the impact on Big Tech's business model and, thus, on future market behavior will be rather substantial.

Yet, while the authorities will do their best to enforce the rules against Big Tech and secure compliance with the new rules (and antitrust law), tight budgets and limited (personnel) resources mean that authorities will need market input, be it with a view to input on factual questions or with information on potential violations. Finally, to make the new regulatory regimes a success story for all affected companies, private enforcement before the courts of the member states will most likely be needed to supplement regulatory activities.

From our perspective, the developing mélange of traditional antitrust standards, innovative enforcement possibilities and a deeper understanding of Big Tech's market position and effects, based on the variety of in-depth probes of antitrust authorities, has the potential to readjust the equilibrium in the market over time. Companies that have been dependent on Big Tech's goodwill can now start, especially in Germany, to develop alternative strategies to get back into control when doing business with or relying on these companies. The tide is turning, and decision makers should keep a close eye on chances (and risks) created by the latest developments in digital antitrust law.

The blog post is available for download here: Harbinger of Things to Come – Takeaways from the German Way to Deal with Big Tech

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