Quo vadis, Quali-Matrix? Die Darstellung der Kompetenzen der Aufsichtsratsmitglieder in den Geschäftsberichten 2022 der DAX-40-Unternehmen

#GMW-Blog: Aktuelle Rechtsentwicklungen

Quo vadis, Quali-Matrix? Die Darstellung der Kompetenzen der Aufsichtsratsmitglieder in den Geschäftsberichten 2022 der DAX-40-Unternehmen

3. April 2023

Mit der Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex vom 28. April 2022 (DCGK) wurden die Anforderungen an die Darstellung des Stands der Umsetzung des Kompetenzprofils des Aufsichtsrats weiter präzisiert, indem die Empfehlung in C.1 Satz 5 DCGK nunmehr die Veranschaulichung anhand einer Qualifikationsmatrix fordert. 

Da eine solche Darstellung zuvor nicht gefordert war, war die Erstellung einer Qualifikationsmatrix bislang nur von einigen Unternehmen auf freiwilliger Basis erprobt worden (vgl. unseren Blogbeitrag vom 26. Juli 2022). Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich bisher keine einheitlichen Standards in Bezug auf die Darstellungsweise, die aufzunehmenden Angaben sowie zahlreiche andere Aspekte herausgebildet haben und Einzelfragen von den Emittenten, die die neue Empfehlung des DCGK zum ersten Mal umsetzen wollten, kontrovers diskutiert wurden. 

Da nunmehr alle DAX-40-Unternehmen ihre Geschäftsberichte für das Geschäftsjahr 2022 veröffentlicht haben, wirft der vorliegende Beitrag einen Blick auf die Umsetzung der neuen Vorgaben durch die 38 der 40 DAX-Unternehmen, die als börsennotierte Gesellschaften nach dem deutschen Aktiengesetz zur Abgabe einer Entsprechenserklärung bezogen auf die Empfehlungen des DCGK verpflichtet sind (nicht berücksichtigt wurden dementsprechend die Airbus SE und die Qiagen N.V.). Ausgewertet wurden dabei diejenigen Unternehmen, die Ende März 2023 zu den DAX-40-Unternehmen zählen. Insoweit wurden auch die Commerzbank AG (anstatt der Linde plc) und die Rheinmetall AG (anstatt der Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA) berücksichtigt, die im Februar 2023 bzw. März 2023 in den DAX aufgenommen wurden. Wie an sich nicht anders zu erwarten, ist das Bild, das sich bei der Auswertung ergab, bunt und die Qualifikationsmatrices divergieren teilweise erheblich. Das beginnt bei schlichten Darstellungsfragen, ob beispielsweise die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder in der Kopfzeile genannt werden (so bei der Mehrzahl der Unternehmen) oder in der Kopfspalte (so lediglich bei knapp einem Drittel), und setzt sich bei verschiedenen Einzelthemen, die mehr oder weniger rechtlicher Natur sind, fort. 

Qualifikationsmatrix für das Gesamtgremium

Nach Inkrafttreten der Neufassung des DCGK kam die Frage auf, ob sich die Qualifikationsmatrix tatsächlich auf den gesamten Aufsichtsrat oder nur die Anteilseignervertreter bezieht. Diese Frage wurde schon bezogen auf das vom DCGK seit längerem geforderte Kompetenzprofil nicht ganz einheitlich beantwortet. Auch wenn der Aufsichtsrat keinen Einfluss auf die Durchführung der Wahl der Arbeitnehmervertreter hat, ergibt sich aus dem Wortlaut der verschiedenen Empfehlungen in C.1 DCGK eindeutig, dass der DCGK hier – anders als bei der Frage der Unabhängigkeit – das Gesamtgremium im Blick hat. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass eine Qualifikationsmatrix, die sich auf das Gesamtgremium (und nicht nur die Anteilseignerseite) bezieht, auch für die Aktionäre einen Mehrwert bietet. Im Übrigen werden so die Gleichwertigkeit und -berechtigung beider Bänke unterstrichen.

Dementsprechend bilden nahezu alle ausgewerteten Qualifikationsmatrices den Stand der Umsetzung des Kompetenzprofils mit Blick auf den gesamten Aufsichtsrat ab, während das Bild bei den Unternehmen, die bereits zuvor eine Matrix "freiwillig" erstellt hatten, noch gemischter war. Mit der Deutschen Post AG hat nur ein einziges Unternehmen, dessen Aufsichtsrat sowohl mit Anteilseigner- als auch mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist, ausschließlich den Stand der Umsetzung bezüglich der Anteilseignervertreter abgebildet. Alle übrigen ausgewerteten Matrices weisen jeweils beide Seiten aus. Die Darstellung erfolgt dabei zum Teil anhand von zwei getrennten Matrices (z.B. Adidas AG, Bayer AG, E.ON SE) und zum Teil in einer einheitlichen Tabelle unter Kennzeichnung in einer Fußnote, welche Mitglieder welcher Bank angehören (z.B. Covestro AG, Beiersdorf AG, Daimler Truck Holding AG). 

Aufnahme von weiteren Zielen für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats in die Matrix

Die ausgewerteten Qualifikationsmatrices unterscheiden sich vom Aufbau her vor allem dadurch, ob sie neben dem Ausweis der bei den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern vorhandenen Kompetenzen auch andere Ziele für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats – wie etwa Diversität, Dauer der Gremienzugehörigkeit, "Overboarding" und Unabhängigkeit – abbilden. 

Im Ergebnis haben ca. 82 % der Unternehmen in ihrer Matrix noch weitere Aspekte aufgenommen, während rund 18 % – wohl ausgehend von der Begründung zu Empfehlung C.1 DCGK (Begründung der Regierungskommission zu den beschlossenen Änderungen vom 28. April 2022, S. 6) – die Darstellung auf das Kompetenzprofil im engeren Sinne beschränkt haben. Dabei wurden Angaben zur Unabhängigkeit und zur Diversität am häufigsten in die Matrix aufgenommen (ca. 70 % bzw. 65 %), gefolgt von Angaben zum Bestelldatum (63 %). Angaben zum Overboarding (37 %) wurden von den vier untersuchten Kriterien am seltensten aufgenommen.

Anzahl der Kompetenzen in der Matrix

Die Anzahl der in der Matrix aufgenommenen fachlichen Qualifikationen, die unter das Kompetenzprofil im engeren Sinne fallen, geht deutlich auseinander. Zwar ist die Zählweise teilweise mit Unsicherheiten behaftet bzw. nicht komplett trennscharf, was insbesondere an der Bildung von Subkategorien, etwa bei den Aussagen zu Finanzen und ESG (dazu näher unten), liegt. Gleichwohl ist die Spanne mit der Aufnahme von fünf (Daimler Truck Holding AG) bis zu 23 Kompetenzen (Fresenius SE & Co. KGaA) doch überraschend weit. Aus der nachfolgenden Übersicht wird die Spannbreite der in die Matrix aufgenommenen Kompetenzen ersichtlich.

Zum Teil findet keine trennscharfe Unterscheidung zwischen dem Kompetenzprofil im engeren Sinne und weiteren Qualifikationen statt. Die vorliegend angewandte Zählweise erfolgte im Wesentlichen anhand der konkreten Darstellung des jeweiligen Unternehmens. Das bedeutet, dass eine Kompetenz gezählt wurde, wenn sie eindeutig als solche (z.B. unter der Überschrift "Fachliche Eignung") in die Matrix aufgenommen wurde. Unabhängig von der Verortung in der Matrix wurde der Aspekt der Unabhängigkeit nicht mitgezählt, da es sich insoweit nicht um eine Kompetenz handelt. Gleiches gilt für den Aspekt der Mandatslast (vgl. Rheinmetall AG).

Im Fall der Untergliederung einer Kompetenz, wurde auch diese Untergliederung berücksichtigt und die einzelnen Subkategorien dementsprechend als jeweils eine Kompetenz gezählt (z.B. Aufgliederung der Finanzkompetenz in Abschlussprüfung und Rechnungslegung; vgl. etwa BMW AG, Fresenius SE & Co. KGaA). 

Sehr uneinheitlich wurde insbesondere der Aspekt der Internationalität gehandhabt. Dies ist offenbar insbesondere davon abhängig, ob das Element der Diversität im Vordergrund steht oder aber eher Erfahrungen im internationalen Bereich gefordert werden. So wird eine etwaig vorliegende Internationalität oder internationale Erfahrungen der Aufsichtsratsmitglieder von manchen Unternehmen unter die Diversität gefasst (z.B. Daimler Truck Holding AG) und teilweise unter das Kompetenzprofil im engeren Sinne (z.B. Hannover Rück SE).  Vereinzelt weisen die Unternehmen dem Aspekt der Internationalität den geschilderten Einordnungsschwierigkeiten entsprechend eine Zwischenstellung zu. So weist etwa die Qualifikationsmatrix der Continental AG die Internationalität farblich abgesetzt neben denjenigen Kompetenzfeldern aus, die eindeutig dem Kompetenzprofil im engeren Sinne unterfallen. Die Qualifikationsmatrix der Siemens AG enthält eine eigene Kategorie "Internationale Erfahrung", die zwischen den Kategorien "Diversität" und "Fachliche Eignung" verortet ist. Zudem wird die Kategorie für die Anteilseignervertreter nach Weltregionen weiter untergliedert, während für die Arbeitnehmervertreter eine solche Untergliederung nicht erfolgt. In den beiden letztgenannten Zweifelsfällen haben wir die Internationalität im Ergebnis jeweils samt Unterkategorien mitgezählt.

Nähere Angaben zu den Anforderungen an die Kenntnisse

Mit Blick auf die abgebildeten Kompetenzen enthält der Großteil der ausgewerteten Matrices (ca. 60 %) keine Angabe dazu, welche Anforderungen die jeweiligen Unternehmen an das Vorliegen entsprechender Kenntnisse stellen. Demgegenüber enthalten ca. 21 % Matrices nähere Angaben dazu, wie das jeweilige Unternehmen Grundkenntnisse hinsichtlich eines Kompetenzfeldes definiert (z.B. Deutsche Bank AG, Münchener Rückversicherung AG, Siemens Energy AG). 

Darüberhinausgehend enthalten insgesamt ca. 11 % der Matrices Angaben zu einer Skala, hinsichtlich derer eine bestimmte Stufe für das Vorliegen einer Kompetenz erreicht werden muss. So heißt es beispielsweise in einer Fußnote zur Matrix der Siemens Energy AG "Ein Haken bedeutet zumindest 'Gute Kenntnisse' und damit die Fähigkeit, auf Basis bereits vorhandener Qualifikation und von den Aufsichtsratsmitgliedern wahrgenommenen Fortbildungsmaßnahmen die einschlägigen Sachverhalte gut nachvollziehen und informierte Entscheidungen treffen zu können. Auf einer Skala von 1 (höchste Wertung) bis 5 (niedrigste Wertung) entspricht dies einer Bewertung mit zumindest 2" (vgl. S. 152 des Geschäftsberichts 2022 der Siemens Energy AG).

Zwei Matrices enthalten zudem Informationen über die Abstufungen der Kenntnisse der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder. In der Matrix der Covestro AG wird beispielsweise mittels farblicher Abstufungen (hell, mittel und dunkel) dargestellt, ob es sich um Grundkenntnisse, profunde Kenntnisse oder tiefgreifendere Kenntnisse handelt. Bei der Fresenius SE & Co. KGaA werden ein oder zwei Haken vergeben, je nachdem, ob das betreffende Aufsichtsratsmitglied lediglich eine "generelle Kompetenz" oder eine "spezielle Kompetenz" hat.

Die Auswertung zeigt zudem, dass die Unternehmen im Ergebnis mit der Annahme entsprechender Kompetenzen nicht zurückhaltend waren. Demgegenüber hat die Vonovia SE offenbar als einziges DAX-Unternehmen vorgegeben, dass die Aufsichtsratsmitglieder Kenntnisse in Bezug auf maximal fünf der acht Kompetenzen angeben durften. Dieses Ergebnis ist interessant, weil im Zusammenhang mit der erstmaligen Erstellung der Matrix auch die Frage diskutiert wurde, inwieweit mit der Aufnahme bestimmter Kompetenzen in der Matrix ggf. eine Haftungsverschärfung für diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, denen bestimmte Kompetenzen zugeschrieben werden, einhergeht. Zudem werden sich insbesondere diejenigen Unternehmen, deren Aufsichtsratsmitglieder zahlreiche Kompetenzen angenommen haben, in der Hauptversammlung ggf. auf Nachfragen der Aktionäre hierzu einstellen müssen.

Auffächerung der ESG-Kompetenzen in der Matrix

Mit der Neufassung des DCGK geht eine verstärkte Ausrichtung auf nachhaltige Unternehmensführung einher. Dementsprechend soll das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats nunmehr auch Expertise zu den für das Unternehmen bedeutsamen Nachhaltigkeitsfragen umfassen. Im Rahmen der Darstellung der Angaben zur ESG-Kompetenz lassen sich im Wesentlichen drei Handhabungen unterscheiden. 

Von den allermeisten Unternehmen wird die Kompetenz in der Matrix alleine unter dem Titel "ESG" oder "Nachhaltigkeit" aufgeführt, ohne dabei zwischen den unterschiedlichen Bereichen, d.h. Environment, Social und Governance, zu differenzieren (rund 84 %). Eine solche Auffächerung erfolgt nur in zwei Matrices, nämlich bei der Adidas AG und der Daimler Truck Holding AG, indem angegeben wird, für welchen Teilaspekt die Kompetenz gegeben ist. Des Weiteren bilden vier Matrices eine Auffächerung zwischen den Kategorien Environment und Social ab. Dies liegt insofern auf der Linie des DCGK, für den das "G" von ESG gewissermaßen eine Selbstverständlichkeit ist. Insofern wird in der Begründung des DCGK ausgeführt: "Der in der überarbeiteten Fassung des Kodex verwendete Begriff der Nachhaltigkeit meint auf die Umwelt (Ökologie) und auf Soziales bezogene Ziele" (Begründung der Regierungskommission zu den beschlossenen Änderungen vom 28. April 2022, S. 6).

Weitere zahlenmäßige Vorgaben bei der Festlegung des Kompetenzprofils

Ein weiterer interessanter Aspekt, der allerdings nicht direkt in der über den Umsetzungstand berichtenden Qualifikationsmatrix zum Ausdruck kommt, sondern in dem eigentlichen Kompetenzprofil, ist die Frage, inwiefern die Unternehmen zahlenmäßige Vorgaben in Bezug auf Zielvorgaben des Kompetenzprofils machen, d.h. inwieweit sie festlegen, dass eine bestimmte Anzahl an Aufsichtsratsmitgliedern eine bestimmte Kompetenz erfüllen muss. Ebenso denkbar sind zahlenmäßige Vorgaben in Bezug auf Aspekte der Diversität, wie z.B. Herkunft oder das Alter. Solche Vorgaben lassen sich denknotwendig nicht allein an den in der Qualifikationsmatrix gesetzten Häkchen erkennen. Für solche weitergehenden Anforderungen kann die durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) neugefasste Regelung des § 100 Abs. 5 AktG als Vorbild dienen, wonach mindestens ein Aufsichtsratsmitglied über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung und ein weiteres auf dem Gebiet der Rechnungslegung verfügen muss, die Gesellschaft also mindestens über zwei Finanzexperten verfügen muss. 

Im Ergebnis verzichten die Gesellschaften aktuell aber ganz überwiegend darauf, weiteren Vorgaben zu machen, wie viele einzelne Aufsichtsratsmitglieder eine bestimmte Kompetenz aufweisen müssen. Nur ca. 34 % der Kompetenzprofile enthalten derartige Vorgaben in Bezug auf das Kompetenzprofil im engeren Sinne. Bei der Auswertung wurde die gesetzliche Vorgabe zu zwei Finanzexperten gemäß § 100 Abs. 5 AktG nicht berücksichtigt. Soweit Unternehmen allerdings vorgeben, dass mindestens ein Mitglied Kenntnisse oder Erfahrungen auf einem bestimmten Gebiet haben soll, wurde dies berücksichtigt, da hiermit zumeist erhöhte Anforderungen jedenfalls an die eine Person gestellt werden (vgl. zum Beispiel die Ausführungen auf S. 48 des Geschäftsberichts 2022 der Allianz SE, wonach mindestens ein Mitglied mit ausgeprägter Erfahrung im Versicherungs- und Finanzdienstleistungsgeschäft vorhanden sein muss).

Der Aufsichtsrat der Mercedes-Benz Group AG soll beispielsweise mit mindestens drei Mitgliedern besetzt sein, die Kenntnisse oder Erfahrungen in den aufgezählten Bereichen, wie Finanzen, Strategie oder Digitalisierung / IT mitbringen (vgl. S. 185 des Geschäftsberichts 2022 der Mercedes-Benz Group AG). Mit Blick auf die Diversität des Aufsichtsrats sieht das Profil der Porsche AG beispielsweise vor, dass mindestens zwölf Aufsichtsratsmitglieder im Zeitpunkt ihrer Wahl das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. S. 127 des Geschäftsberichts 2022 der Porsche AG).

Zusätzliche Veröffentlichung der Qualifikationsmatrix auf der Homepage 

Neben der Veröffentlichung der Matrix im Geschäftsbericht stellen – soweit ersichtlich – nur sechs der ausgewerteten Unternehmen ihre Matrix zusätzlich auch auf ihrer Homepage zur Verfügung.

Sofern die jeweilige Matrix auch auf der Homepage der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird, ist zu erwarten, dass diese bei Veränderungen im Aufsichtsrat auch unterjährig aktualisiert wird. Es stellt sich dann für die Unternehmen die Frage, ob der gesamte Aufsichtsrat damit zu befassen ist. Dies ist richtigerweise zu bejahen, da die Qualifikationsmatrix auf einer Selbsteinschätzung des Aufsichtsrats basiert, für die eine entsprechende Grundlage erforderlich ist.

Fazit

In einer Gesamtschau lässt sich festhalten, dass die Unternehmen die neue Empfehlung des DCGK auf sehr unterschiedliche Weise umgesetzt haben. Allerdings sind nach der ersten verpflichtenden Veröffentlichung der Matrices in den Geschäftsberichten 2022 gewisse Vereinheitlichungen zu erwarten, da sich die Unternehmen einen Überblick über die Umsetzungspraxis im Markt verschaffen können und ggf. auch Feedback der Investoren berücksichtigen werden.

Aktuell führen die Unterschiede in der Darstellung dazu, dass die vergleichende Auswertung der Matrices für Investoren erschwert wird. Unter anderem aus diesem Grund ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft der Ruf nach einer Mustertabelle, z.B. in Anlehnung an die Vergütungstabellen des DCGK in der Fassung aus 2017, laut werden wird. Aufgrund der Individualität der Unternehmen spricht aus unserer Sicht allerdings Vieles dafür, den Unternehmen Freiheit in Bezug auf die Ausgestaltung der Matrix zu belassen und die Praxis nicht durch starre Mustermatrices einzuengen.

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Das Recht der fehlerhaften Gesellschafterbeschlüsse – Neuerungen durch das MoPeG

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Das Recht der fehlerhaften Gesellschafterbeschlüsse – Neuerungen durch das MoPeG

28. Februar 2023

Alle grundlegenden Entscheidungen in einer Personengesellschaft gehen auf deren Gesellschafter zurück und werden von diesen regelmäßig im Rahmen einer Gesellschafterversammlung gemeinsam durch Beschluss getroffen. Bei der Aktiengesellschaft werden Beschlüsse von ihrer Hauptversammlung gefasst. Wenn bei der Vorbereitung oder Durchführung der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung und der Beschlussfassung Fehler passieren, stellt sich die Frage, ob und wie sich diese Fehler auf die Wirksamkeit des Beschlusses auswirken und welche Rechtsmittel den Gesellschaftern bzw. Aktionären gegen solch fehlerhafte Beschlüsse zustehen.

Dies hängt entscheidend von der Rechtsform der Gesellschaft und den für sie geltenden gesetzlichen Regelungen ab, die gerade mit Blick auf das Beschlussmängelrecht grundlegend verschieden sind. Sie unterscheiden sich insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen von Fehlern bei der Beschlussfassung und der Möglichkeit ihrer gerichtlichen Geltendmachung. Es gibt daher kein einheitliches gesellschaftsrechtliches Beschlussmängelrecht, sondern dieses ist streng rechtsformspezifisch. Dies wurde in der Vergangenheit bereits vielfach kritisiert – nicht zuletzt, weil sich in der Praxis oftmals schwierige Abgrenzungsprobleme zeigten. Das zum 1. Januar 2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) soll diese Kritik aufgreifen und Abhilfe schaffen.

Dieser Blogbeitrag setzt unsere Beitragsreihe zu den durch das MoPeG eintretenden gesetzlichen Neuerungen fort, indem er die Grundlagen der einzelnen, in den verschiedenen Gesellschaftsformen derzeit herrschenden Beschlussmängelregimes vorstellt und die diesbezüglichen gesetzlichen Neuerungen für Personenhandelsgesellschaften zusammenfasst. Abschließend wird eine kurze Bewertung der Reform des Beschlussmängelrechts für die Praxis vorgenommen.

I. Überblick über die Beschlussmängelregimes der verschiedenen Gesellschaftsformen

1. Beschlussmängelrecht der AG

Ein umfassendes Beschlussmängelrecht ist bislang nur für die Aktiengesellschaft in den §§ 241 ff. AktG gesetzlich geregelt. Dort wird unterschieden zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen der Hauptversammlung. Nichtig sind deren Beschlüsse, wenn sie auf besonders schwerwiegenden Fehlern beruhen, die die Einberufung der Hauptversammlung, die Beurkundung des Beschlusses oder dessen Inhalt betreffen. Etwa ist ein Beschluss nichtig, wenn er in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, die nicht durch den Vorstand mit der erforderlichen Mehrheit einberufen worden ist und die Einberufung zugleich nicht die Firma, den Sitz der Gesellschaft sowie Zeit und Ort der Hauptversammlung enthält. Ein solcher Fehler kann mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Als Folge seiner Nichtigkeit entfaltet der Beschluss von Beginn an keine Rechtswirkungen. 

Lediglich anfechtbar sind Beschlüsse bei der AG dagegen bei weniger schwerwiegenden Verstößen gegen das Gesetz oder die Satzung. Solche Beschlüsse sind trotz ihrer Fehlerhaftigkeit vorläufig verbindlich, bis sie vom Gericht aufgrund der eigens hierfür vorgesehenen Anfechtungsklage für nichtig erklärt werden. Zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses führt etwa ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre.

2. Beschlussmängelrecht der GmbH

Für die GmbH existieren dagegen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften zu Beschlussmängeln. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH werden indes die aktienrechtlichen Vorschriften auf Beschlussfassungen in der GmbH grundsätzlich analog angewendet, soweit diesen nicht die gesellschaftsrechtlichen Strukturen und Besonderheiten der GmbH im Unterschied zur AG entgegenstehen. Wann genau dies der Fall ist und welche Regeln dann für die GmbH gelten, ist bislang durch die Rechtsprechung nur für Einzelfälle, jedoch nicht allgemein und abschließend geklärt, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht.

3. Beschlussmängelrecht der Personengesellschaften

Bislang gibt es auch keine gesetzlichen Regelungen zu fehlerhaften Beschlüssen in Personengesellschaften. In vielen Gesellschaftsverträgen der Personengesellschaften finden sich Regelungen zum Beschlussmängelrecht, die sich an jenem der AG mit Nichtigkeits- und Anfechtungsklage orientieren. Denn im Gegensatz zur GmbH lehnt die ganz überwiegende Auffassung eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften auf Beschlussmängel bei den Personengesellschaften grundsätzlich ab. Stattdessen gilt bislang, – falls keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen getroffen worden sind – dass jeder Gesellschafterbeschluss, der gegen formelles oder materielles Recht verstößt, automatisch nichtig ist, sofern der Rechtsverstoß Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hat. Ein solcher Beschluss hat damit von Beginn an keine Verbindlichkeit für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter. Geltend gemacht werden kann die Nichtigkeit von Beschlüssen der Personengesellschaften mit der allgemeinen Feststellungsklage der ZPO. Eine bloße Anfechtbarkeit von Beschlüssen kennt das Personengesellschaftsrecht hingegen bislang nicht.

II. Das Beschlussmängelrecht nach dem MoPeG

Der Umstand, dass für die genannten Gesellschaftsformen unterschiedliche Beschlussmängelregimes gelten, wird seit langem von der Rechtsliteratur kritisiert. Insbesondere bei der GmbH & Co. KG haben sich diese unterschiedlichen Regelungen bislang in besonderem Maße ausgewirkt, da die Auswirkungen und Folgen von Beschlussfehlern in der GmbH und der KG wegen der insoweit unterschiedlichen rechtlichen Behandlung voneinander abweichen. Auch, dass Beschlüsse der Personengesellschaften ohne Weiteres bei Rechtsverstößen nichtig sind, wird wegen der sich daraus ergebenden Rechtsunsicherheit bemängelt. Mit dem zum 1. Januar 2024 in Kraft tretenden MoPeG wird das Gesetz nunmehr umfassende Regelungen zu Beschlussmängeln für die Personengesellschaften treffen.

1. Geltung nur für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG und GmbH & Co. KG)

Das mit dem MoPeG neu eingeführte Beschlussmängelrecht wird allerdings lediglich für die Personenhandelsgesellschaften (d.h. für die OHG, die KG und mithin auch für die GmbH & Co. KG) gelten. Keine Anwendung wird es hingegen auf die GbR finden – und zwar in sämtlichen im MoPeG für die GbR vorgesehenen Formen: der nicht rechtsfähigen und der rechtfähigen GbR sowie der eingetragenen GbR. Gleiches gilt für die PartG. Für diese beiden Gesellschaftsformen – GbR und PartG – wird es bei dem bislang geltenden Nichtigkeitsmodell bleiben. In dieser ungleichen Behandlung der Personengesellschaften in Bezug auf Beschlussmängel liegt – zu Recht – ein zentraler Kritikpunkt des durch das MoPeG eingeführten Beschlussmängelrechts.

Darüber hinaus wird in der Literatur bereits lebhaft diskutiert, ob künftig eine analoge Anwendung des durch das MoPeG eingeführten Beschlussmängelrechts auf die GmbH geboten ist, da es der Interessenlage der Gesellschafter dieser ebenso eher personalistisch geprägten Gesellschaftsform eher entsprechen könnte als die bisher durch die Rechtsprechung herangezogene Analogie zum AktG. 

2. Neuerungen des Beschlussmängelrecht für die Personenhandelsgesellschaften

Nach Inkrafttreten des MoPeG wird künftig auch das HGB in seinen §§ 110 ff. für die Personenhandelsgesellschaften zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterscheiden. Dieses Modell ist angelehnt an die Regelungen des AktG, wobei jedoch die personalistischen Strukturen der Personenhandelsgesellschaften angemessen berücksichtigt sind. So werden – abweichend vom aktienrechtlichen Modell – Beschlüsse nichtig sein, die gegen Rechtsvorschriften verstoßen, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können. Hierzu zählt etwa ihr Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen einschließlich ihres Rede- und Antragsrechts. Damit wird der Fokus hier auf den Kernbereich der Gesellschafterrechte gelegt, insbesondere etwa ihr Kontroll- und Informationsrecht sowie ihr Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung einschließlich ihres Rede- und Antragsrechts. Verstöße gegen andere gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Vorgaben werden lediglich zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen führen.

Als Folge der eingeführten Unterscheidung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen führt das HGB nunmehr ebenfalls eine Nichtigkeits- und eine Anfechtungsklage ein. Zu beachten ist dabei insbesondere die für die Anfechtungsklage geltende Klagefrist von grundsätzlich drei Monaten. Diese Frist kann vertraglich auf bis zu einen Monat verkürzt, nicht aber verlängert werden. Für die Nichtigkeitsklage ist hingegen keine Klagefrist vorgesehen.

III. Ausblick für die Praxis

Mit der Kodifizierung eines Beschlussmängelregimes durch das MoPeG sind wiederum rechtsformspezifische Regelungen geschaffen worden, die einen weiteren Rechtsrahmen für Beschlussmängel stecken, der jedoch ausschließlich für die Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG, insbesondere GmbH & Co. KG) gelten wird. Während die Behandlung von Beschlussmängeln in Personengesellschaften – soweit keine gesellschaftsvertraglichen Regelungen getroffen worden sind – bisher einheitlich erfolgte, wird hier künftig zwischen den Personenhandelsgesellschaften einerseits und der GbR und der PartG andererseits zu differenzieren sein.

Das neue Beschlussmängelrecht für die Personenhandelsgesellschaften wartet nicht erst im Rahmen von Beschlussmängelstreitigkeiten auf eine weitere Ausgestaltung durch die Rechtsprechung; diese soll sich nach dem Regierungsentwurf zum MoPeG vielmehr an der Rechtsprechung zu Beschlussmängeln bei der GmbH orientieren. Auch im Vorfeld sollten die Gesetzesänderungen zum Beschlussmängelrecht durch das MoPeG bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen berücksichtigt werden und können im Einzelfall bereits jetzt eine Revision der bestehenden Verträge gebieten.

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