Neuerliche Reform des Transparenzregisters: Das Transparenzregister wird zum Vollregister
30. Juni 2021
Nach der Beschlussfassung des Bundestags am 10. Juni 2021 hat am 25. Juni 2021 auch der Bundesrat den Gesetzentwurf für ein Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz gebilligt. Nach dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, das Ende 2019 in Kraft getreten ist und u.a. das Einsichtsrecht für Jedermann eingeführt hat, steht damit die nächste Reform des Transparenzregisters an. Kernstück der Reform ist der Ausbau des Transparenzregisters zu einem Vollregister, an das künftig praktisch jede Rechtseinheit ihre (fiktiven) wirtschaftlich Berechtigten wird melden müssen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Änderungen der gesetzlichen Vorgaben zum Transparenzregister und schaut voraus auf die praktischen Folgen, die diese Änderungen erwarten lassen.
Anlass der neuerlichen Reform des Transparenzregisters ist die europarechtlich vorgesehene Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten. Der Gesetzgeber hat dies zum Anlass genommen, das Transparenzregister, das seinerzeit bewusst als Auffangregister konzipiert worden war, zu einem Vollregister auszubauen, an das künftig praktisch jede Rechtseinheit eine Mitteilung über ihre wirtschaftlich Berechtigten abgeben muss. Während dies für die registerpflichtigen Rechtseinheiten, die bisher vielfach von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, einen erheblichen Mehraufwand bedeutet, soll die Reform für geldwäscherechtlich Verpflichtete (wie Banken etc.) eine wesentliche Erleichterung mit sich bringen: Ausgehend von dem umfassenden Datenbestand des Transparenzregisters dürfen sich die Verpflichteten künftig bei der Überprüfung der Identität eines wirtschaftlich Berechtigten grundsätzlich auf die Eintragung im Transparenzregister verlassen.
Wesentliche Änderungen
Die zentrale Änderung der Vorgaben zum Transparenzregister liegt in der künftigen Ausgestaltung des Transparenzregisters als Vollregister. Das Transparenzregister steht damit künftig unabhängig insbesondere neben dem Handelsregister und wird – wie dieses – künftig nahezu für jede Rechtseinheit unmittelbar relevant sein.
Bisher ist das Transparenzregister als Auffangregister ausgestaltet. Sofern die erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten bereits in bestimmten anderen Registern, wie insbesondere dem Handelsregister, dem Vereinsregister oder dem Unternehmensregister, öffentlich zugänglich sind, kann die neuerliche Mitteilung dieser Angaben an das Transparenzregister unterbleiben; die Mitteilungspflicht gilt dann als erfüllt (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG – sog. Mitteilungsfiktion). Gleiches gilt allgemein für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind oder dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG), wobei sich diese Mitteilungsfiktion grundsätzlich auch auf die Tochtergesellschaften der börsennotierten Muttergesellschaft erstreckt.
Das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz sieht nun vor, dass die Mitteilungsfiktion und die Befreiung für börsennotierte Gesellschaften (und deren Tochtergesellschaften) ersatzlos wegfallen. Künftig sind damit praktisch alle Rechtseinheiten verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister positiv zur Eintragung mitzuteilen. Dies betrifft die börsennotierte Aktiengesellschaft (und ihre Tochtergesellschaften) ebenso wie die Ein-Mann-GmbH oder die Publikums-KG. Lediglich eingetragene Vereine dürfen zunächst von einer Mitteilung an das Transparenzregister absehen; zur Stärkung des Ehrenamtes und zur Verringerung der bürokratischen Belastung für Vereine ist insofern eine Übernahme von Angaben zu den Vereinsvorständen, die in aller Regel die fiktiven wirtschaftlich Berechtigten des Vereins nach § 3 Abs. 3 Satz 5 GwG sind, aus dem Vereinsregister vorgesehen.
Das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz soll (abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen) am 1. August 2021 in Kraft treten. Angesichts der weitreichenden praktischen Folgen der Abschaffung der Mitteilungsfiktion und der Befreiung für börsennotierte Gesellschaften (dazu sogleich) sieht das Gesetz insofern jedoch großzügige Übergangsfristen vor. Für die erstmalige Mitteilung eines wirtschaftlich Berechtigten, die bisher aufgrund der Mitteilungsfiktion unterbleiben konnte, sieht das Gesetz eine gestaffelte Übergangsregelung vor. Die erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten sind dem Transparenzregister
- im Falle einer AG, SE oder KGaA bis zum 31. März 2022,
- im Falle einer GmbH, Genossenschaft, Europäischer Genossenschaft oder Partnerschaft bis zum 30. Juni 2022 und
- in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2022
mitzuteilen. Zudem greifen auch die korrespondierenden Bußgeldtatbestände für Rechtseinhei- ten, die bisher von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, erst mit einem weiteren zeitlichen Versatz. Die Bußgeldtatbestände des § 56 Abs. 1 Nr. 55 und 58 bis 60 GwG sind insoweit
- im Falle einer AG, SE oder KGaA bis zum 31. März 2023,
- im Falle einer GmbH, Genossenschaft, Europäischer Genossenschaft oder Partnerschaft bis zum 30. Juni 2023 und
- in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2023
nicht anwendbar.
Eine weitere wesentliche Änderung betrifft den Pflichtenrahmen der geldwäscherechtlich Verpflichteten (wie u.a. Banken). Bei der Überprüfung der Identität eines wirtschaftlich Berechtigten dürfen sie sich künftig grundsätzlich auf die Angaben im Transparenzregister verlassen.
Bisher sieht das Gesetz in § 11 Abs. 5 Satz 4 GwG vor, dass sich die Verpflichteten bei der Überprüfung der Angaben zur Identifizierung eines wirtschaftlich Berechtigten nicht ausschließlich auf die Angaben im Transparenzregister verlassen dürfen. In der Praxis führt dies bei den Verpflichteten zu erheblichem Aufwand im Rahmen von Kundenprüfungen (Know Your Customer – KYC). Künftig müssen die Verpflichteten zwar im ersten Schritt die Angaben zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten eines Vertragspartners weiterhin ohne Zuhilfenahme des Transparenzregisters erheben. Zur Überprüfung dieser Angaben genügt dann im zweiten Schritt jedoch grundsätzlich ein Abgleich mit den entsprechenden Angaben im Transparenzregister.
Der Gesetzgeber möchte damit den KYC-Aufwand der geldwäscherechtlich Verpflichteten erheblich reduzieren und insgesamt den Prüfungsaufwand bei den registerpflichtigen Rechtseinheiten zentralisieren. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die multiple Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten einer Rechtseinheit durch verschiedenste Verpflichtete im Rahmen der Erfüllung ihrer jeweiligen Kundensorgfaltspflichten grundsätzlich durch die Ermittlung, Mitteilung und ggf. Aktualisierung der Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten durch die betreffende Rechtseinheit ersetzt werden.
Praktische Folgen
In der Praxis wird die Aufhebung der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG und der Befreiung für börsennotierte Gesellschaften nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG einen erheblichen Aufwand für die registerpflichtigen Rechtseinheiten mit sich bringen. Der Regierungsentwurf geht davon aus, dass von künftig ca. 2,3 Millionen eintragungspflichtigen Rechtseinheiten ohne Berücksichtigung des Vereinsregisters bisher ca. 857.000 Rechtseinheiten von der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG profitiert haben. All diese Rechtseinheiten werden nun im Rahmen der Übergangsfristen dem Transparenzregister erstmalig eine Mitteilung zu ihren wirtschaftlich Berechtigten machen müssen. Zudem werden sie künftig bei jeder relevanten Änderung der Anteilseigner- oder Konzernstruktur prüfen müssen, ob nicht nur eine Mitteilung zum Handelsregister, sondern ggf. auch eine Mitteilung zum Transparenzregister erforderlich ist. Nicht zuletzt angesichts des engmaschigen Netzes an Bußgeldtatbeständen sollte die Überwachung der Transparenzregisterpflichten damit zum festen Bestandteil der Compliane-Organisation eines jeden Unternehmens gehören. Zudem sollte die Einhaltung der Transparenzregisterpflichten standardmäßig zum Prüfprogramm einer Due-Diligence-Prüfung im Rahmen von M&A-Transaktionen gehören.
Für die geldwäscherechtlich Verpflichteten kündigt sich demgegenüber mit der Möglichkeit, im Geschäft mit deutschen Rechtseinheiten auf das Transparenzregister vertrauen zu dürfen, eine Vereinfachung der geldwäscherechtlichen Pflichten an. Die Regierungsbegründung geht bei der Betrachtung des Erfüllungsaufwands der Wirtschaft davon aus, dass die aufgrund dessen für die Verpflichteten zu erwartenden Einsparungen deutlich über den zusätzlichen Aufwand der registerpflichtigen Rechtseinheiten hinausgehen. Ob sich dies in der Praxis tatsächlich bewahrheitet, bleibt abzuwarten. Aus Sicht der registerpflichtigen Rechtseinheiten besteht aber zumindest die Hoffnung, dass das künftig zulässige Vertrauen auf die Einträge im Transparenzregister den Dialog mit den Verpflichteten vereinfacht.
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