Ad-hoc Praxis der DAX-Emittenten im Jahr 2021

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Ad-hoc Praxis der DAX-Emittenten im Jahr 2021

17. Januar 2022

  • Rückgang der Anzahl der Ad-hoc-Veröffentlichungen von DAX-Emittenten (2021 wurden von den nunmehr 40 DAX-Mitgliedern insgesamt 107 Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht – gegenüber rund 100 Ad-hoc-Mitteilungen von 30 DAX-Mitgliedern im Jahr 2020)
  • Ad-hoc-Mitteilungen zu Geschäftsergebnissen und Ergebnisprognosen weit überwiegend aufgrund besserer Ergebnisse im Vergleich zur Markterwartung; weniger Ad-hoc-Veröffentlichungen zu M&A-Transaktionen; relativ viele Ankündigungen von Aktienrückkaufprogrammen
  • EU-Konsultation zum Anpassungsbedarf bestehender EU-Rechtsakte im Hinblick auf die Notierung von Emittenten an öffentlichen Märkten der Europäischen Union; auch Marktmissbrauchsverordnung auf dem Prüfstand

Rückgang der Ad-hoc Veröffentlichungen

Im September 2021 wurde die Erweiterung des DAX von 30 auf nunmehr 40 Mitglieder vollzogen. Durch die Erweiterung des DAX soll die deutsche Wirtschaft breiter abgebildet werden. Unter den zehn Neulingen ist die Airbus SE mit Sitz in Leiden, Niederlande, das Unternehmen mit dem mit Abstand größten Börsenwert. Neu im DAX sind außerdem der Chemikalienhändler Brenntag SE, der Kochboxenlieferant HelloFresh SE, die Holdinggesellschaft Porsche SE, der Sportartikelhersteller Puma SE, das Biotechnologie- und Diagnostikunternehmen Qiagen N.V., der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG, der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers AG, der Aromen- und Duftstoffhersteller Symrise AG sowie der Online-Modehändler Zalando SE. Trotz der Erweiterung ist die absolute Anzahl der Ad-hoc-Mitteilungen dieser nun 40 Unternehmen im gesamten Kalenderjahr 2021 mit insgesamt 107 gegenüber 96 Ad-hoc-Mitteilungen von bislang 30 DAX Unternehmen im Vorjahr nur geringfügig angestiegen. Im Durchschnitt ist ein Rückgang zu verzeichnen. Die heute im DAX 40 vertretenen Unternehmen veröffentlichten im Kalenderjahr 2021 durchschnittlich 2,6 Ad-hoc-Mitteilungen. Im Vorjahr waren es noch 3,2 Ad-hoc-Mitteilungen pro Emittent (DAX 30).

Die veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilungen verteilen sich grundsätzlich auf alle DAX-Emittenten (wobei die Airbus SE mit acht veröffentlichten Mitteilungen die Liste anführt, siehe dazu auch unten). Lediglich die Deutsche Börse AG und die MTU Aero Engines AG veröffentlichten im vergangenen Jahr keine Ad-hoc-Mitteilung.

Weiterhin viele Prognoseanpassungen und wenige große M&A-Transaktionen

Thematisch lassen sich die Ad-hoc-Veröffentlichungen der DAX-Emittenten im Jahr 2021 – wie auch in den Jahren zuvor – in vier Gruppen einteilen:

  • Veröffentlichung von vorläufigen Geschäftsergebnissen und/oder Anpassung der Ergebnisprognose,
  • M&A-Transaktionen (insb. bedeutende Übernahmen, Fusionen und Börsengänge),
  • Personalangelegenheiten im Vorstand bzw. Aufsichtsrat sowie
  • sonstige Ad-hoc-Mitteilungen zum Beispiel zu Kapitalmaßnahmen oder der Änderung der Dividendenpolitik.

Der Großteil der im Jahr 2021 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilungen von DAX-Emittenten betraf Geschäftsergebnisse und Prognosen der Unternehmen. So handelt es sich bei mehr als der Hälfte der Ad-hoc-Mitteilungen um Anpassungen der Ergebnisprognose für das Jahr 2021 und/oder die Veröffentlichung von vorläufigen Geschäftsergebnissen. Im Gegensatz zum Vorjahr ergibt sich im Hinblick auf den Auslöser der Mitteilung damit ein deutlich anderes Bild. Während im Jahr 2020 Gewinnprognosen aufgrund der Covid-19-Pandemie häufig zurückgenommen werden mussten, hat sich dies mittlerweile umgekehrt. Nur in Einzelfällen standen Ad-hoc-Mitteilungen zu überraschend schwachen Geschäftszahlen im Zusammenhang mit der Pandemie. Die Fresenius SE & Co. KGaA und die Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA begründeten diese etwa mit der durch die Covid-19-bedingten Übersterblichkeit von Dialysepatienten.

Im Übrigen wurden die Gewinnprognosen und Geschäftszahlen in fast allen Fällen positiv übertroffen. Es passt daher ins Bild, dass viele Emittenten aufgrund guter Liquiditätslage Aktienrückkaufprogramme ankündigten. Aktienrückkaufprogramme sind aufgrund ihrer Bedeutung für den Kapitalmarkt und entsprechend der BaFin-Verwaltungspraxis typischerweise per Ad‑hoc-Mitteilungen zu veröffentlichen, zumal sie in der Regel in Einklang mit den Safe Harbor-Vorgaben in Art. 5 der Marktmissbrauchsverordnung durchgeführt werden.

Bei näherer Betrachtung der Ad-hoc-Mitteilungen zu Finanzkennzahlen stechen die Airbus SE, die HelloFresh SE und die Zalando SE heraus. So veröffentlichte die Airbus SE im Jahr 2021 umfangreiche Finanzberichte per Ad-hoc-Mitteilungen, die sich über mehrere Seiten erstrecken. Auch die Ad-hoc-Mitteilung der HelloFresh SE vom 7. Dezember 2021 weicht vom Marktstandard ab, indem unter Verweis auf den weit vorangeschrittenen Jahresend-Budgetierungsprozess bereits eine indikative Prognose für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegt wird. Bemerkenswert war zudem, dass die Zalando SE in ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 5. Mai 2021 neben einer Anhebung der Jahresprognose für das Geschäftsjahr 2021 zugleich ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt hat. Übergreifend ist festzustellen, dass vereinzelt Unternehmen alternative Leistungskennzahlen (APM) verwenden, ohne dabei die ESMA-Leitlinien (ESMA/2015/1415) vollständig zu erfüllen. Beispielsweise wird dabei auf eine Definition der APM verzichtet (vgl. dazu bereits unseren Blog-Beitrag aus Januar 2020).

Die Anzahl der M&A-Transaktionen ist hingegen im letzten Jahr in relativer Hinsicht weiter zurückgegangen (11 Mitteilungen bzw. 10 % in 2021 gegenüber 11 Mitteilungen bzw. 12 % in 2020), wobei über die Hälfte dieser Mitteilungen die Übernahme der Deutsche Wohnen SE durch die Vonovia SE betrifft, die erst im zweiten Anlauf in diesem Jahr und nach Verzicht auf die Mindestannahmeschwelle erfolgreich verlief. Eine weitere nennenswerte Transaktion des vergangenen Jahres war die Abspaltung der Truck-Sparte von der Daimler AG verbunden mit einem Börsengang im Dezember. Der beabsichtigte Spin-off mit anschließender Börsennotierung des Truck & Bus-Geschäfts wurde per Ad-hoc-Mitteilung vom 3. Februar 2021 bekanntgegeben. Der Trend der vergangenen Jahre – die stetige Abnahme kursrelevanter M&A-Transaktionen bei den DAX-Unternehmen – hat sich damit fortgesetzt. Dies zeigt sich besonders deutlich unter Zugrundelegung der 2017 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilungen zu M&A-Transaktionen (27 Mitteilungen bzw. 36 %).

Ad-hoc-Veröffentlichungen zu Personalthemen sind hingegen – wie bereits seit Jahren – in inhaltlicher Hinsicht und in Bezug auf ihre Häufigkeit konstant. Entsprechend der gängigen Praxis wurden auch im Jahr 2021 ganz überwiegend Nominierungen oder Veränderungen im Vorstands- bzw. Aufsichtsratsvorsitz (vgl. beispielhaft die Ad-hoc-Mitteilung von Beiersdorf zur einvernehmlichen Beendigung des Vorstandsmandats des Vorstandsvorsitzenden Herrn Stefan De Loecker vom 27. April 2021) per Ad-hoc-Mitteilung mitgeteilt. Die Ad-hoc-Mitteilungen werden regelmäßig mit der Entscheidung des Gesamtaufsichtsrats veröffentlicht (vgl. beispielsweise die Ad-hoc-Mitteilung der Infineon Technologies AG vom 25. November 2021).

Die Ad-hoc-Mitteilungen zu sonstigen Themen, die im Jahr 2021 etwa ein Drittel aller veröffentlichten Mitteilungen ausmachten, betrafen typische kursrelevante Themen. Insbesondere wurden Kapitalmaßnahmen und Änderungen der Dividendenpolitik angekündigt. Zu nennen sind etwa der Beschluss zur Durchführung eines Aktienrückkaufprogramms (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Deutsche Post DHL Group vom 8. März 2021), der Beschluss einer Kapitalerhöhung (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Vonovia SE vom 21. November 2021) sowie die Ankündigung der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (vgl. die Ad-hoc Mitteilung von Delivery Hero vom 2. September 2021). Die Änderungen in der Dividendenpolitik waren für die Aktionäre der jeweiligen Unternehmen durchweg positiv. Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass die Unternehmen im DAX die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie weitgehend bewältigt haben. So wurde etwa in einem Fall die – zwischenzeitlich ausgesetzte – Dividendenzahlung wieder aufgenommen (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der adidas AG vom 22. Februar 2021); außerdem wurde angekündigt, zukünftig eine Dividende auszuzahlen, die mindestens 5 % über dem Vorjahreswert liegt (vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Allianz SE vom 2. Dezember 2021).

Regulatorische Hinweise

Die BaFin hat nach der Veröffentlichung des Moduls C des Emittentenleitfadens im Frühjahr 2020 zur Erläuterung der Verwaltungspraxis zum Begriff der Insiderinformation und der Ad-hoc-Publizitätspflicht am 10. Juni 2021 ergänzende Leitlinien ("Leitlinien zur Bestimmung allgemeiner Kriterien für Ad-hoc-Publizitätspflichten und Aufschubmöglichkeiten für Kredit- und Finanzinstitute betreffend bankaufsichtliches Handeln und Abwicklung") veröffentlicht. Diese Leitlinienergänzen die Ausführungen in Modul C des Emittentenleitfadens zur Bestimmung potentieller Insiderinformationen und Aufschubmöglichkeiten um Kredit- und Finanzinstitute betreffende, weitere potentielle Insiderinformationen.

Zudem haben die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Geschäftstätigkeit der DAX-Emittenten die BaFin im Frühjahr 2020 dazu veranlasst, spezielle FAQ zu veröffentlichen. Diese setzen sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Ad-hoc-Publizität auseinander (vgl. dazu unseren Blogbeitrag zur Ad-hoc-Praxis 2020 vom 11. Januar 2021). Da die FAQ nach wie vor Geltung beanspruchen, müssen Emittenten auch diese – in Ergänzung zum Emittentenleitfaden der BaFin – weiterhin berücksichtigen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die European Securities and Markets Authority (ESMA) im Januar 2022 ihre Leitlinien zum Aufschub der Veröffentlichung von Insiderinformationen ergänzt hat. Von den Ergänzungen ist insbesondere der Finanz- und Bankensektor betroffen.

AUSBLICK AUF DIE AD-HOC-PRAXIS IN 2022

Zwar ist die Covid-19-Pandemie im Alltag alles andere als überwunden. Die im vergangenen Jahr befürchteten Zahlungsengpässe, Restrukturierungen und Insolvenzen von Unternehmen sind indes (bislang) nicht eingetreten. Die im Jahr 2021 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilungen haben vielmehr gezeigt, dass sich jedenfalls die weit überwiegende Zahl der großen Emittenten mittlerweile auf die Covid-19-Pandemie eingestellt hat und erfolgreich wirtschaftet. Ob dies auch für kleine und mittlere Unternehmen gilt, die sich häufig in der Rolle des Zulieferers befinden, ist eine andere Frage.

In regulatorischer Hinsicht ist zu beobachten, dass auf europäischer Ebene – als Teil des Aktionsplans zur Schaffung einer Kapitalmarktunion 2020 – geplant ist, die Notierung auf öffentlichen Märkten der Europäischen Union durch die Einführung eines Rechtsakts zur Börsennotierung attraktiver zu gestalten und zugleich den Kapitalzugang zu erleichtern. Gegenwärtig ist beabsichtigt, durch gezielte Änderungen und die Einführung neuer Bestimmungen Anpassungen an den bereits bestehenden EU-Rechtsakten (insbesondere ProspektVO, Marktmissbrauchsverordnung, MiFID II, Transparenz-RL und Listing Directive) vorzunehmen. Dazu führt die Kommission derzeit eine Konsultation zur Identifikation des bestehenden Anpassungsbedarfs durch. So soll in Erfahrung gebracht werden, welche Anforderungen den größten Aufwand verursachen und wie es möglich wäre, diese ohne Beeinträchtigung der Marktintegrität und der übergreifenden Transparenzregelung zu verringern. Anders als zunächst nach Veröffentlichung des Abschlussberichts der ESMA zum MAR-Review vermutet, wird die Marktmissbrauchsverordnung grundlegend auf den Prüfstand gestellt. Dies betrifft auch die Definition der Insiderinformation und die Anforderungen an die Selbstbefreiung. Die Konsultationsfrist läuft bis zum 11. Februar 2022, so dass noch in diesem Jahr – voraussichtlich im September 2022 – mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf gerechnet werden kann.

GLADE MICHEL WIRTZ steht für einen Austausch zu diesen Themen jederzeit gern zur Verfügung.

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Update Whistleblowing: Aktueller Stand der Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie

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Update Whistleblowing: Aktueller Stand der Umsetzung der EU-Hinweis­geberschutz­richtlinie

20. Dezember 2021

Einleitung

Am 23. Oktober 2019 hat die Europäische Union die Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden ("EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie"), verabschiedet. Sie soll unter anderem zu europaweit vergleichbaren Mindeststandards zum Schutz von sog. Whistleblowern führen und über die jeweiligen nationalen Gesetze, mit denen die Richtlinie umgesetzt wird, Unternehmen verpflichten, interne wie externe Meldesysteme sowie entsprechende Abläufe bei der Behandlung von Meldungen zu implementieren. Sie wird daher tiefgreifend in die Compliance Organisation solcher Unternehmen eingreifen, die ihrem Anwendungsbereich unterliegen.

Die Umsetzungsfrist der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie in nationales Recht ist am 17. Dezember 2021 abgelaufen, ohne dass es zu einer Umsetzung in deutsches Recht gekommen wäre. Das Bundesjustizministerium hatte zwar bereits im Dezember 2020 einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt, der es jedoch in der letzten Legislaturperiode nicht mehr "über die Zielgerade" geschafft hat und in der Ressortabstimmung scheiterte. Auch wenn der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen sowie FDP vorsieht, "die EU-Whistleblower-Richtlinie rechtssicher und praktikabel" umzusetzen, ist auch durch die neue Koalition mit einer kurzfristigen Umsetzung nicht zu rechnen. Es stellt sich also die Frage, welche Regeln mit Blick auf den Schutz von Hinweisgebern in Deutschland seit dem 17. Dezember 2021 gelten.

Stand der Richtlinienumsetzung in anderen Ländern

Deutschland bildet unter den 27 zur Umsetzung verpflichteten Mitgliedstaaten keine Ausnahme, weil soweit ersichtlich bislang nur Dänemark, Portugal und Schweden die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie fristgerecht in nationales Recht umgesetzt haben. Schon im Kontext dieser wenigen nationalen Regelungen zeigen sich jedoch bereits Besonderheiten bei der jeweiligen Umsetzung.

So erlaubt etwa das dänische Recht in Wahrnehmung (vermeintlicher) nationaler Umsetzungsspielräume, dass Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern konzernweit einheitliche Hinweisgebersysteme einführen können. Dieser Aspekt war auch in Bezug auf die deutsche Regelung erwogen worden, aber umstritten, weil unklar ist, ob dieser Ansatz im Einklang mit der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie steht. Die Europäische Kommission hatte sich hier in zwei Stellungnahmen aus dem Sommer 2021 gegenteilig positioniert und vertreten, die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie sehe die in nationales Recht umzusetzende Verpflichtung vor, Meldekanäle auf Ebene einer jeden Gesellschaft zu unterhalten. Unternehmen, bei denen die konzernweite Einführung eines einheitlichen Meldesystems angesichts einer Gruppenzugehörigkeit eine unter Effizienzaspekten erstrebenswerte Option darstellt, sollten die diesbezügliche Entwicklung also aufmerksam verfolgen.

Ferner erfolgte die Umsetzung mit Blick auf den sachlichen Schutzbereich des für Whistleblower vermittelten Schutzstandards sowohl in Dänemark als auch in Schweden – insofern über die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie hinausgehend – auch für Verstöße von originär nationalem Recht. Dieser Punkt war in Deutschland ebenfalls Gegenstand der Diskussion, denn die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie fordert lediglich die Implementierung des Schutzstandards für Meldungen, die sich auf Verstöße gegen europarechtliche Vorschriften beziehen. Der unlängst zwischen SPD, Grünen und FDP geschlossene Koalitionsvertrag deutet jedenfalls in die Richtung, dass eine richtlinienüberschießende Umsetzung auch in Deutschland erfolgen könnte. Denn insofern führt der Vertrag aus, dass "Whistleblower […] nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein [müssen], sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt". Sollte die deutsche Umsetzung entgegen der vom Koalitionsvertrag geweckten Erwartung doch keine Meldung von Verstößen gegen nationale Rechtsvorschriften dem besonderen Schutzstandard unterstellen, dürfte sich ganz praktisch die Frage stellen, wie ein im Übrigen einzurichtendes Meldesystem und die dahinter liegende Compliance Organisation mit sachlich außerhalb des Schutzbereichs des Gesetzes liegenden Meldungen umgeht. Insofern sollten Unternehmen ihr Augenmerk darauf richten, wie der sachliche Anwendungsbereich der in Deutschland zu erwartenden Umsetzung letztlich ausgestaltet wird.

Folgen einer nicht fristgerechten Richtlinienumsetzung in Deutschland

Jenseits der für das kommende Jahr zu erwartenden Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber, stellt sich die Frage nach den zwischenzeitlichen Folgen ihrer Verspätung. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist eine Richtlinie zunächst nur für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel. Mitgliedstaaten sind demnach verpflichtet, die Richtlinie auszuführen, indem sie innerstaatliches Recht aufheben, modifizieren, neu schaffen oder beibehalten und damit einen richtlinienkonformen Rechtszustand herstellen. Sie wirken deshalb – anders als EU-Verordnungen – grundsätzlich nicht unmittelbar gegenüber Privaten (d.h. Individuen und Unternehmen).

Dennoch kann eine nicht rechtzeitig umgesetzte Richtlinie im Ausnahmefall unmittelbare Geltung erlangen. Dies erfordert allerdings grundsätzlich, dass die Bestimmungen der Richtlinie dazu geeignet sind, im innerstaatlichen Rechtsraum unmittelbare Regelungswirkung zu entfalten. Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt dies voraus, dass die Richtlinie, die einen einzelnen begünstigt, inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist, um ihre Anwendung auf einen Einzelfall zu ermöglichen. Ratio der unmittelbaren Anwendung ist unter anderem, dass die praktische Wirksamkeit ("effet utile") einer Richtlinie beeinträchtigt wäre, wenn ihre Rechtswirkung allein davon abhinge, dass die Mitgliedstaaten ihrer Umsetzungspflicht nachkommen. Unabhängig davon muss die Judikative im Wege europarechtskonformer Auslegung nationale Rechtsnormen jedoch auch im Lichte (noch) nicht umgesetzter EU-Richtlinien auslegen, was seit dem 17. Dezember 2021 zu jedenfalls indirekten Schutzwirkungen der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie führen kann.

Abseits dieser generellen Erwägungen stellt sich die Frage, wer Adressat bzw. Verpflichteter einer Richtlinie, die unmittelbar wirkt, sein kann. Von Interesse ist in Bezug auf die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie insbesondere, ob ihre nicht fristgerechte Umsetzung dazu führt, dass privatwirtschaftliche Unternehmen Pflichten aus dieser Richtlinie unmittelbar unterliegen, mithin auch ohne nationales Umsetzungsgesetz z.B. Meldekanäle nach entsprechenden Standards implementieren müssen. Zwar ist anerkannt, dass sich Private gegenüber einem Mitgliedstaat unter bestimmten Voraussetzungen bei verspäteter Umsetzung auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen können. Umgekehrt ist dies im Sinne einer unmittelbar verpflichtenden Wirkung zulasten Privater oder zwischen Privaten untereinander nach der gefestigten Rechtsprechung des EuGH aber nicht möglich, weil Richtlinien im Ausgangspunkt nur Verbindlichkeit für Mitgliedstaaten entfalten. Davon unberührt bleiben die o.g. Wirkungen, die infolge der Anwendung des Grundsatzes richtlinienkonformer Auslegung durch die mitgliedstaatlichen Gerichte entstehen; insofern sind trotz des Ausschlusses unmittelbarer Wirkungen indirekte Effekte – etwa bei Inanspruchnahme bestimmter durch die Richtlinie vermittelter Rechte durch einen Whistleblower und Berufung darauf im Rahmen eines Gerichtsprozesses zur Abwehr erlittener Repressalien – denkbar. Zuletzt könnten Whistleblower, die bei fristgerechter Umsetzung eigentlich dem Schutzbereich eines nationalen Umsetzungsgesetzes unterfallen würden und einen kausalen Schaden erleiden, möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik geltend machen. Grundlage dafür wäre der vom EuGH entwickelte gemeinschaftsrechtliche Schadenersatzanspruch.

Was Unternehmen jetzt tun können

Auch wenn die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie nicht fristgerecht zum 17. Dezember 2021 in deutsches Recht umgesetzt wurde und man von einer fehlenden Direktwirkung in Bezug auf privatwirtschaftliche Unternehmen ausgeht, wird die Umsetzung in das deutsche Recht in absehbarer Zeit erfolgen. Insofern stellt sich für betroffene Unternehmen die Frage, was sie jetzt schon tun können bzw. sollten, um möglichst rasch den Anforderungen des zu erwartenden Gesetzes zu entsprechen.

Hier bietet sich ein Blick in die EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie selbst an. Abseits des Repressalienverbots gegen Hinweisgeber verlangt sie die Einrichtung geeigneter Meldekanäle sowie damit einhergehender interner Prozesse und Strukturen zur Bearbeitung von über diese Kanäle eingehende Hinweise und gibt hinsichtlich der konkreten Anforderungen an deren Ausgestaltung teils sehr detaillierte Regelungen vor, was den nationalen Umsetzungsspielraum gering lässt. Um vor diesem Hintergrund individuellen Handlungsbedarf zu identifizieren, sollte daher eine Bestandsaufnahme zum aktuell implementierten Compliance Management System und ein Abgleich mit den weiteren Mindestanforderungen der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie erfolgen. Auf dieser Grundlage können so bereits jetzt mögliche Maßnahmen erarbeitet werden, um voraussichtliche organisatorische und/oder prozessuale Lücken in der Compliance Organisation schnell schließen zu können.

Fazit

Angesichts des sehr niedrigen Schwellenwertes für die Anwendbarkeit des zu erwartenden Umsetzungsgesetzes – zunächst werden alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern erfasst sein, ab Ende 2023 dann zusätzlich auch Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern – wird eine Vielzahl von Unternehmen vor der Herausforderung stehen, die eigene Compliance Organisation anpassen oder vor dem Hintergrund des Gesetzes erstmals aufbauen zu müssen. Insofern ist auch zu erwarten, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen angesichts des niedrigen Schwellenwerts erstmals in die konkrete Situation kommen werden, formalisierte Compliance-Elemente in die eigenen Governance-Strukturen implementieren zu müssen, obwohl dies möglicherweise bisher aufgrund der Unternehmensgröße und Risikostruktur nicht für erforderlich erachtet wurde. 

Insbesondere Unternehmen, die bislang noch keine entsprechenden Strukturen oder ein Compliance Management System implementiert haben, dürften sich hier erheblichen Herausforderungen mit Blick auf Anpassungs- und Umstellungsbedarfe bei internen Prozessen und Strukturen gegenübersehen. Dabei sollten vor allem kleine und mittlere Unternehmen darauf achten, dass die Konzeption des nach dem zu erwartenden Hinweisgeberschutzgesetzes (so der bisherige Arbeitstitel des Gesetzes) erforderlichen Meldesystems und der diesem übergeordneten Compliance Organisation auf die Größe des Unternehmens und dessen Risikoprofil abgestimmt ist. Denn ersichtlich bestehen Unterschiede in Bezug auf die entsprechenden Anforderungen und Herausforderungen zwischen international agierenden Konzernen, die sich in ihrem Tätigkeitsbereich womöglich sogar unterschiedlich nuancierter nationaler Umsetzungsgesetze ausgesetzt sehen, auf der einen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen auf der anderen Seite.

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Dualer Vertrieb auf dem Prüfstand

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Dualer Vertrieb auf dem Prüfstand

18. November 2021

Hohe Relevanz dualer Vertriebsstrukturen

Duale Vertriebsstrukturen haben in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch die zunehmende Zahl hybrider Plattformen immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen und stehen als innovative Vertriebskonzepte oft auch im Zentrum der kartellrechtlichen Diskussion. Dabei sind Vertriebsmodelle, bei denen eine Parallelität zwischen dem Verkauf über Absatzmittler und dem Direktvertrieb besteht, keinesfalls neu und auch nicht auf den Onlinevertrieb begrenzt, sondern in ganz unterschiedlichen Branchen seit Langem gelebte Praxis. So steht etwa der konzerneigene Monobrandstore auf der Luxuseinkaufsmeile im direkten Wettbewerb zu der Bekleidung eben dieses Herstellers verkaufenden Boutique in der Fußgängerzone. Gleiches gilt für einen Großhändler, der seine Produkte einerseits über den Fachhandel vertreibt, anderseits aber auch Endkunden – wie zum Beispiel Großabnehmer – direkt beliefert. 

Das Vertriebsmodell, das die aktuellen Leitlinien zur Vertikal-GVO auch als "zweigleisigen Vertrieb" titulieren, ist angesichts seiner Bedeutung im Zusammenhang mit der für Ende Mai 2022 anstehenden Reform der Vertikal-GVO derzeit in aller Munde. So finden sich zu dieser Thematik substanzielle (Neu-)Regelungen in Art. 2 Abs. 4 bis 7 des gegenwärtigen Entwurfs der Vertikal-GVO ("Vertikal-GVO-E", siehe den aktuellen Stand etwa hier), die sowohl digitale als auch analoge Vertriebskonzepte betreffen werden.

Kartellrechtliche Grundproblematik und Status quo

Aus kartellrechtlicher Sicht bergen duale Vertriebskonstellationen insbesondere das Risiko eines kartellrechtswidrigen (horizontalen) Informationsaustauschs in Bezug auf den Vertrieb an die dem Abnehmer nachgelagerte Marktstufe, weil sich Lieferant und Abnehmer insoweit als Wettbewerber begegnen. Denn auch wenn ein Hersteller Daten und Informationen über das Wettbewerbsverhalten seines Absatzmittlers sammelt, die er im Vertikalverhältnis zur kartellrechtskonformen Steuerung und Fortentwicklung seines Vertriebssystems benötigt, können solche Daten und Informationen unter bestimmten Voraussetzungen gleichzeitig im Horizontalverhältnis zu wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen bis hin zur bezweckten Koordinierung führen. Die Problematik ist heute mit nicht unerheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet, wie wir bereits in unserem Beitrag "Amazon again: Das Kartellverbot als blinder Fleck des "Market Place"-Falls der Europäischen Kommission" notiert haben.

Neuer Regelungsansatz für den dualen Vetrieb

Im Entwurf der neuen Vertikal-GVO finden sich nunmehr explizite Regelungen zur angesprochenen Thematik – und zwar allgemein für duale Vertriebsstrukturen sowie im Speziellen für hybride Plattformen. Ausweislich des aktuellen Entwurfs legt Art. 2 Abs. 4 S. 1 Vertikal-GVO-E im Ausgangspunkt nieder, dass "die Freistellung […] nicht für vertikale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern" gilt. Im Wege einer eng auszulegenden Ausnahme nach Art. 2 Abs. 4 S. 2 lit. a Vertikal-GVO-E wird dann jedoch angeordnet, dass die Freistellung für alle Aspekte nichtgegenseitiger vertikaler Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern gilt, sofern

  • der Anbieter zugleich Hersteller, Großhändler oder Einführer, sowie Händler von Waren und
  • der Abnehmer Händler jedoch kein Wettbewerber im Bereich der Herstellung, des Großhandels oder der Einfuhr ist und 
  • ihr gemeinsamer Marktanteil auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt nicht mehr als 10% beträgt.

Übersteigt der gemeinsame Marktanteil von Anbieter und Abnehmer auf dem Einzelhandelsmarkt 10%, liegt er aber unter den Marktanteilsschwellen des Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO-E, entfällt die Freistellungswirkung nur für den Informationsaustausch, der dann nach den Vorschriften für horizontale Vereinbarungen zu beurteilen ist, Art. 2 Abs. 5 Vertikal-GVO-E. Gänzlich ausgeschlossen ist die Anwendung der Ausnahme nach Art. 2 Abs. 7 Vertikal-GVO-E, "wenn ein Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten, der auch Waren oder Dienstleistungen im Wettbewerb mit Unternehmen verkauft, für die er Online-Vermittlungsdienste anbietet, mit einem solchen konkurrierenden Unternehmen eine nichtgegenseitige vertikale Vereinbarung schließt". Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen, die einerseits eine Plattform betreiben und auf dieser gleichzeitig selbst als Händler aktiv sind (sog. hybride Plattformen), ihren Gesamtbetrieb letztlich an den strengeren Vorgaben zur Beurteilung eines horizontalen Informationsaustauschs ausrichten müssen.

Bewertung des neuen Regelungsansatzes

Im Ausgangspunkt ist es wegen der Bedeutung des dualen Vertriebs zu begrüßen, dass dieser im Zuge der Reform der Vertikal-GVO umfassend aufgegriffen und geregelt wird. Hier tat sich in der Praxis ein erhebliches Unsicherheitspotential auf, wie entsprechende Vertriebsmodelle zu strukturieren sind, dass sie kartellrechtlichen Compliance-Anforderungen genügen. Gleichwohl zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die angestrebte Normierung neue rechtliche Fallstricke bereithält und der Verordnungsentwurf teilweise noch erhebliche Inkonsistenzen aufweist. 

So fällt auf, dass der personelle Anwendungsbereich nach Art. 2 Abs. 4 S. 2 lit. a Vertikal-GVO-E – in Abweichung zur bisher geltenden Fassung – so formuliert ist, dass sich die Gruppenfreistellung nur auf die parallele Einzelhandelstätigkeit von Herstellern, Großhändlern und Importeuren erstreckt; duale Vertriebsmodelle mit Wettbewerbsverhältnissen auf der Einzelhandelsstufe vorgelagerten Marktstufen scheinen hingegen nach Art. 2 Abs. 4 S. 2 lit. a Vertikal-GVO-E sowie der Formulierung der zweiten Marktanteilsschwelle ("Einzelhandelsmarkt") nicht erfasst. Dies führt dazu, dass unter anderem dual vertreibende Weiterverarbeiter in der Mitte der Wertschöpfungskette oder mehrstufige Vertriebssysteme womöglich nur eine Einzelfreistellung erlangen könnten, was mit ganz erheblichem Prüfungsaufwand und unweigerlichen Rechtsunsicherheiten behaftet wäre.

Darüber hinaus sieht der Entwurf die pauschale Freistellung nur für Unternehmen mit gemeinsamen Marktanteilen auf dem Einzelhandelsmarkt unter der Schwelle von 10% vor. Ob damit ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit erlangt werden kann, ist fraglich. Denn die mit einer belastbaren Marktabgrenzung und Marktanteilsberechnung regelmäßig einhergehenden Unwägbarkeiten tun sich auch hier auf und sind seitens der betroffenen Unternehmen bisweilen nur mit großem Aufwand zu beherrschen. Dies gilt insbesondere, sofern die Marktanteilsschwelle bei 10% verbleiben sollte. Ob der eigene Marktanteil 30% übersteigt, können Unternehmen häufig noch relativ verlässlich sagen; ob der gemeinsame Marktanteil auf dem Einzelhandelsmarkt nicht mehr als 10% beträgt, dürfte in der Praxis deutlich schwerer fallen. Ferner stellt sich die Frage, ob die in Art. 2 Abs. 7 Vertikal-GVO-E vorgesehene Regelung in Bezug auf Hybridplattformen, die unabhängig von Marktanteilen keine Freistellung unter der Vertikal-GVO-E erlangen können, nicht über das Ziel hinausschießt und ihrerseits unwillkommene "False Positives", d.h. fälschlicherweise aus dem Anwendungsbereich der Vertikal-GVO-E herausfallende, aber effiziente Verhaltensweisen hervorrufen wird.

Für Unternehmen, die nach dem Vorstehenden für ihren dualen Vertrieb jedenfalls keine pauschale Freistellung in Anspruch nehmen können, ist es umso gravierender, dass weder die Vertikal-GVO-E noch der Entwurf der Vertikalleitlinien darüber Auskunft geben, anhand welcher konkreten Maßstäbe dem als problematisch eingestuften Informationsaustausch wirksam begegnet werden kann. Ungeachtet dessen, dass diese Thematik angesichts entsprechender Sachnähe auch unmittelbar in den neuen Vertikalleitlinien geregelt werden könnte, sollten zumindest die sich ebenfalls im Reformprozess befindlichen Horizontalleitlinien umfassend Auskunft geben. Hier ist allerdings noch Geduld gefragt, weil mit entsprechenden Entwürfen wohl erst im ersten Quartal 2022 und einer Verabschiedung zu Ende 2022 gerechnet werden kann. 

Ein rechtssicherer Betrieb solcher Vertriebssysteme wird also in jedem Fall inhaltlich anspruchsvoller. Wie groß der Graubereich sein wird, hängt auch vom Detailgrad der entsprechenden Guidance durch die Kommission ab. Bei Ausbleiben einer Konkretisierung in der Vertikal-GVO-E bzw. den neuen Vertikalleitlinien müssen sich Unternehmen zudem für den Zeitraum nach deren Inkrafttreten, d.h. von Ende Mai 2022 bis zur Veröffentlichung der neuen Horizontalleitlinien auf erhebliche Rechtsunsicherheiten einstellen. Angesichts des absehbaren Bedarfs für Anpassungen der internen Organisationsstrukturen und Prozesse zum Schutz sensibler Informationen ist es daher zweifelhaft, ob der in Art. 9 Vertikal-GVO-E vorgesehene Übergangszeitraum nach Auslaufen der bisherigen Vertikal-GVO bis Ende Mai 2023 für eine Evaluierung und ggf. Neugestaltung des Vertriebssystems ausreichend ist. Denn durch den Zeitversatz bei der Reform der Horizontalleitlinien werden wichtige Informationen fehlen, die für eine rechtssichere Anpassung bestehender (dualer) Vertriebssysteme erforderlich sind oder als Entscheidungsgrundlage für eine Neugestaltung ausreichen. 

Insbesondere in Bezug auf (hybride) Plattformen kann zwar die vom Bundeskartellamt entwickelte Verwaltungspraxis einen instruktiven Anhaltspunkt für möglicherweise erforderliche Sicherungsmechanismen bieten (vgl. dazu z.B. die Fallberichte zu XOM-Metals (Stahlprodukte)Unamera (Agrarprodukte) oder OLF (Mineralölprodukte)). Das Bundeskartellamt fordert insofern, hybride Plattformen sollten derart konzipiert sein, dass der Plattformbetrieb und andere Unternehmensteile personell, organisatorisch, technisch und informatorisch voneinander getrennt sind; mitunter muss in Bezug auf im selben Bereich tätige Gesellschafter auch sichergestellt werden, dass diese von den ihnen gesellschaftsrechtlich zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechten keinen Gebrauch machen, soweit diese Beschränkung kartellrechtlich erforderlich ist. Auch wenn sich bei Sachverhalten im Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission ein Anpassungsbedarf bei den Sicherungsmechanismen abzeichnet, ist aktuell noch völlig offen, ob diese dem skizzierten Umfang entsprechen werden.

Ausblick

Angesichts der weitreichenden Regelungen zum dualen Vertrieb und der damit zum Ausdruck kommenden kritischen Position der Europäischen Kommission stellt sich die Frage, ob für den dualen Vertrieb zukünftig noch ein effektiver Safe Harbor gewährleistet ist. Dies wird entscheidend davon abhängen, welche Nachjustierungen an der Vertikal-GVO-E und den neuen Vertikalleitlinien auf Basis des Konsultationsprozesses noch erfolgen und wie konkret die Guidance der Horizontalleitlinien zu dieser Thematik ausfallen wird. Unternehmen, die sich dualer Vertriebssysteme bedienen, sollten die Entwicklung rund um die Reform der Vertikal-GVO sowie der Horizontalleitlinien daher aufmerksam verfolgen. Eigene Strukturen und Prozesse sind angesichts der zu erwartenden neuen Anforderungen aus Brüssel kartellrechtlich wie wirtschaftlich kritisch zu überprüfen. 

In Abhängigkeit der Anforderungen, welche die neuen Regelungen im Ergebnis aufstellen werden, ist es aus unserer Perspektive nicht ausgeschlossen, dass gerade die neuen Regelungen zur Eindämmung kartellrechtlich problematischer Informationsflüsse die Wirtschaftlichkeit des Betriebs dualer Vertriebssysteme insgesamt infrage stellen könnten. Ins Gewicht fallen dürften hier vor allem der Aufwand für die Marktabgrenzung(en) und das laufende Monitoring der Marktanteile, die regelmäßige Evaluierung der Informationsflüsse auf kartellrechtliche Risiken, eine mögliche Schmälerung der Informationsgrundlage für die kartellrechtkonforme Steuerung des Vertriebs im Vertikalverhältnis und die Implementierung erforderlicher Sicherungsmechanismen zur Vermeidung kartellrechtlich kritischer Informationsflüsse.

Der Blogbeitrag steht hier für Sie zum Download bereit: Dualer Vertrieb auf dem Prüfstand

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Zur positiven Fortführungsprognose von Start-ups

#GMW-BLOG: AKTUELLE RECHTSENTWICKLUNGEN

Zur positiven Fortführungsprognose von Start-ups (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20. Juli 2021, Az.: 12 W 7/21)

17. November 2021

Die Geschäftsmodelle von Start-ups sind neu, innovativ und stecken voller Potential. In den ersten Jahren ihrer Geschäftstätigkeit konzentrieren sich Start-ups bewusst auf Investitionen und Wachstum, oftmals zu Lasten der Profitabilität. Verluste in der Anlaufphase sind regelmäßig systematischer Natur und keine Indikation für ein Scheitern, sondern schlicht Teil eines neu gegründeten und auf Wachstum ausgerichteten Geschäftsmodells.

Dieser Zustand ist in der Regel auch allen beteiligten Stakeholdern bekannt und wird von diesen akzeptiert. Die Anlaufphasen von Start-ups werden oftmals durch die Bereitstellung von Risikokapital von Venture Capital Investoren finanziert, die den Start-ups – in der Hoffnung auf einen späteren Exit-Erlös bei Veräußerung ihrer Beteiligung – die notwendige Liquidität zur Verfügung stellen. Gleichwohl kann man den Fortbestand eines Start-ups nicht ohne weiteres als gesichert ansehen. Würde man den Begriff der Unternehmenskrise als einen Zustand bzw. Lage verstehen, die geeignet ist, den Fortbestand eines Unternehmens zu gefährden, so würde sich ein Start-up wohl regelmäßig in der Dauerkrise befinden.

In einer jüngeren Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 20. Juli 2021, Az.: 12 W 7/21) mit der Frage auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen trotz einer solchen "Dauerkrise" aufgrund der Bereitstellung von Risikokapital durch einen Investor in der Vergangenheit von einer positiven Fortführungsprognose des Start-ups ausgegangen werden kann.

I. DIE INSOLVENZRECHTLICHE ÜBERSCHULDUNG NACH § 19 ABS. 2 INSO

Sofern ein Start-up stets dazu in der Lage ist, seinen fälligen Zahlungspflichten vollumfänglich nachzukommen, wird eine Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 Abs. 2 InsO regelmäßig auszuschließen sein. Aufgrund einer (noch) nicht vorhandenen Beständigkeit der Unternehmenstätigkeit kann sich jedoch im Einzelfall die Frage stellen, ob das Start-up insolvenzrechtlich überschuldet im Sinne von § 19 Abs. 2 InsO ist.

Eine Überschuldung gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Es besteht also eine zweistufige Prüfungsreihenfolge.

Zunächst ist auf der ersten Stufe zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten deckt. Sofern dies nicht der Fall ist und die rechnerische Prüfung eine Überschuldung des Unternehmens ergibt, ist auf der zweiten Stufe eine Fortführungsprognose zu treffen. Denn eine Überschuldung ist ausgeschlossen, wenn eine positive Fortführungsprognose des Unternehmens gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine positive Fortführungsprognose in objektiver Hinsicht voraus, dass sich aus einem aussagekräftigen Unternehmenskonzept eine Lebensfähigkeit des Unternehmens ergibt, wobei diesem Konzept grundsätzlich sowohl ein Ertrags- als auch ein Finanzplan für einen angemessenen Prognosezeitraum zugrunde liegen muss. In der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung des § 19 Abs. 2 InsO a.F. galt hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel ein Prognosezeitraum von zwölf Monaten, in dem die Gesellschaft ihren fälligen Zahlungspflichten nachkommen können muss. Dieser Zeitraum wurde nunmehr auch in § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO n.F. festgeschrieben.

II. BESCHLUSS DES OLG DÜSSELDORF VOM 20. JULI 2021 (AZ.: 12 W 7/21)

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich in seinem Beschluss vom 20. Juli 2021 (Az.: 12 W 7/21) mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die vorgenannten Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur positiven Fortführungsprognose auf Start-ups anwendbar sind bzw. welche Besonderheiten im Rahmen der positiven Fortführungsprognose von Start-ups zu berücksichtigen sind.

1. Sachverhalt der Entscheidung

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines insolventen Start-up-Unternehmens, das ein Vertriebsportal für Gebraucht- und Nutzfahrzeuge betrieb, nahm dessen ehemaligen Geschäftsführer wegen masseschmälender Zahlungen nach Insolvenzreife gem. § 64 Satz 1 GmbHG a.F. in Anspruch. Im Rahmen des Prozesskostenhilfegesuchs des Insolvenzverwalters hatte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem Beschwerdeverfahren des Insolvenzverwalters gegen die ablehnende Entscheidung des Landgerichts mit den Erfolgsaussichten eines solchen Schadensersatzanspruchs gegen den ehemaligen Geschäftsführer zu beschäftigen. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob der Geschäftsführer von einer positiven Fortführungsprognose trotz fehlender Ertragsfähigkeit des Unternehmens ausgehen durfte, weil ein Bestandsinvestor der Gesellschaft bei einem entsprechenden Finanzierungsbedarf in der Vergangenheit mehrfach Darlehen zur Verfügung gestellt hatte und überdies keine Anzeichen dafür vorlagen, dass er dies in der Zukunft nicht wieder bzw. weiterhin tun würde.

2. Inhalt der Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt in seiner Entscheidung zunächst aus, dass bei einem Start-up, das in der Anfangsphase in aller Regel nur Schulden produzierte, in einem besonderen Maße eine ständige, intensive Prüfung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens erforderlich sei.

Allerdings seien die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof für eine positive Fortführungsprognose aufgestellt habe, nicht uneingeschränkt auf Start-ups anwendbar. Schließlich seien

Start-ups in einer – mehr oder weniger langen – Anfangsphase zumeist zwar nicht ertragsfähig, allerdings seien die operative Geschäftschancen des Unternehmens möglicherweise trotz einer aktuell fehlenden Ertragskraft nicht auf Dauer ausgeschlossen. Daher könne es für die Zwecke der positiven Fortführungsprognose von Start-ups in deren Anfangsphase nicht auf die Ertragsfähigkeit des Start-ups ankommen. Schließlich liege es in der Natur eines Start-ups, dass es in der Regel zunächst nur Verluste generiere und von Darlehensfinanzierungen abhängig sei.

Entscheidend für die positive Fortführungsprognose sei vielmehr, dass das Unternehmen mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit in der Lage sei, seine im Prognosezeitraum fälligen Zahlungsverpflichtungen zu decken. Die dafür erforderlichen Mittel könnten dabei auch von Dritten als Fremd- oder Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf befasst sich im Weiteren damit, welcher Konkretisierungsgrad an die weitere Unternehmensfinanzierung des Start-ups durch die Investoren zu stellen ist, um von einer positiven Fortführungsprognose ausgehen zu können. Insoweit führt es aus, dass ein gesicherter rechtlicher und damit einklagbarer Anspruch auf die Finanzierungsbeiträge im Rahmen der Überschuldungsprüfung keine Voraussetzung für eine positive Fortführungsprognose sei. Schließlich würde dies einem Wahrscheinlichkeitsgrad von 100% entsprechen, während für eine positive Fortführungsprognose lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich sei.

In dem entscheidungserheblichen Sachverhalt hatte der Investor mit einem Schreiben gegenüber der Schuldnerin seinen Finanzierungswillen kundgetan und dieser zugesagt, dass er auf ihre Anforderung hin das für die Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten benötigte Kapital bereitstellen werde. Er werde die Darlehensgewährung fortsetzen, solange das Unternehmenskonzept der Schuldnerin weiterhin überzeugend sei. Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf eine positive Fortführungsprognose gegeben, solange ein nachvollziehbares operatives Konzept vorgelegen habe, das die geplante Etablierung der Internetplattform für Gebraucht- und Nutzfahrzeuge als erfolgsversprechend erscheinen ließ.

Sofern daher aufgrund von vergangenen Finanzierungsrunden davon auszugehen sei, dass der Investor auch zukünftig weitere Finanzierungsbeiträge bereitstelle, könne dies die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit hinsichtlich einer weiteren Finanzierung und damit einer positiven Fortführungsprognose begründen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt überdies weiter aus, dass der Geschäftsführer eines Start-ups zudem immer dann von einer positiven Fortführungsprognose ausgehen dürfe, solange nicht konkret wahrscheinlich sei, dass der Kapitalgeber das Start-up nicht weiter finanzieren wird.

Aus den vorstehenden Erwägungen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf dann auch die Beschwerde des Insolvenzverwalters zurückgewiesen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe sei von dem Landgericht zurecht zurückgewiesen worden, da die beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Geschäftsführer habe aufgrund der Finanzierungszusage des Investors von einer positiven Fortführungsprognose ausgehen dürfen, sodass in dem relevanten Zeitraum keine Überschuldung der Gesellschaft vorgelegen habe, die zu einer Haftung des Geschäftsführers hätte führen können.

3. Bewertung und Praxisfolgen

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf nimmt eine angemessene Modifizierung der allgemeinen Regelungen und Voraussetzungen für die Bejahung einer positiven Fortführungsprognose für Start-ups vor und verringert damit die Haftungsrisiken für die Geschäftsführer solcher Unternehmen.

Insbesondere berücksichtigt das Oberlandesgericht Düsseldorf hinsichtlich des Konkretisierungsbedarfs zukünftiger Finanzierungen in angemessener Weise, dass Finanzierungsrunden von Start-ups in aller Regel kurzfristig und nicht auf Vorrat erfolgen. Finanzierungszusagen werden oftmals erst auf der Basis intensiver Prüfungen und unter Vorbehalt abgegeben. Zudem ist es aus der Sicht der Unternehmensgründer und auch der Bestandsinvestoren, soweit diese sich nicht an weiteren Finanzierungsrunden beteiligen können oder wollen, sinnvoll, neues Kapital erst dann aufzunehmen, wenn dies aus Liquiditätsgründen tatsächlich erforderlich ist. Schließlich verändern sich die Bewertungen von Start-ups häufig innerhalb sehr kurzer Zeit, sodass die Vorgenannten ein Interesse daran haben, ihre Beteiligung geringstmöglich zu verwässern.

Nicht überzeugend ist indes die Schlussfolgerung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, dass der Geschäftsführer schon dann von einer positiven Fortführungsprognose ausgehen dürfe, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Bestandsinvestor, der das Unternehmen in der Vergangenheit mehrfach durch Finanzierungsbeiträge finanziert habe, seine Unterstützung in der Zukunft entziehen werde.

Eine solche nicht an ein aktives Verhalten/Handeln des Geschäftsführers anknüpfende Bewertung ist mit dem Sinn und Zweck der Insolvenzantragspflicht, nämlich dem Schutz des Rechtsverkehrs, insbesondere in Gestalt der zukünftigen Gläubiger des Unternehmens, nicht vereinbar. Auch um das insolvenzrechtliche Haftungsrisiko zu minimieren, sollten die Geschäftsführer von Start-ups daher regelmäßig aktiv mit den Bestandsinvestoren über die Folgefinanzierung des Unternehmens sprechen und dabei auch die diesbezügliche grundsätzliche Bereitschaft der Bestandsinvestoren abfragen. Die entsprechenden Gespräche sowie ein nachvollziehbares Konzept hinsichtlich des Geschäftsmodells des Start-ups sollten dann stets entsprechend schriftlich dokumentiert werden.

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EuGH bestätigt: Wie die Mutter, so die Tochter!

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EuGH bestätigt: Wie die Mutter, so die Tochter!

4. November 2021

Nachdem an dieser Stelle bereits die Schlussanträge des Generalanwalts Pitruzzella ("Generalanwalt") in dem Vorabentscheidungsverfahren "Sumal" besprochen wurden (hier), widmet sich dieses Update dem mittlerweile ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs ("EuGH") in dieser Sache (C-882/19). Kern des Vorabentscheidungsverfahrens war die Frage, inwieweit eine Tochtergesellschaft für den rechtskräftig durch Bußgeldbescheid der Europäischen Kommission festgestellten Kartellrechtsverstoß der Muttergesellschaft (zivilrechtlich) haftet, wenn die in Anspruch genommene Gesellschaft nicht Adressat des Bußgeldbescheids ist. In seinen Schlussanträgen hatte der Generalanwalt die Meinung vertreten, dass die Haftung die wirtschaftliche Einheit in ihrer Gesamtheit treffe. Der EuGH ist den Schlussanträgen des Generalanwalts im Wesentlichen gefolgt und bestätigt damit, dass im Rahmen von kartellrechtlichen Schadensersatzprozessen sowohl eine "aufsteigende" als auch eine "absteigende" gesamtschuldnerische Haftung zugunsten der Geschädigten in Betracht kommt. Voraussetzung für die Haftung sei vor allem, ob Mutter- und Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden. Darüber hinaus äußert sich der EuGH auch zu den prozessualen Verteidigungsmitteln der Tochtergesellschaft, wenn diese für einen Kartellrechtsverstoß der Muttergesellschaft in Anspruch genommen wird.

I. GRUNDLAGEN DER HAFTUNGSZURECHNUNG

Im Ausgangspunkt bekräftigt der EuGH seine sog. "Jedermann"-Rechtsprechung. Danach gebiete es das Unionsrecht, dass jedermann, der im ursächlichen Zusammenhang mit einem Kartellrechtsverstoß einen Schaden erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, Kompensation zu erlangen. Aber auch die Antwort auf die Frage, wer für einen kartellbedingt entstandenen Schaden verantwortlich ist, sei unmittelbar durch das Unionsrecht vorgegeben. Insoweit führt der EuGH seine Linie aus dem "Skanska"-Urteil (C-724/17) nicht nur fort, sondern bekräftigt diese ausdrücklich. Danach bilden das private- und public enforcement gemeinsam einen integralen Bestandteil des Systems, welches wettbewerbswidriges Verhalten unterbinden und sanktionieren soll. Aus diesem einheitlichen System folge, dass der Begriff des "Unternehmens" in Art. 101 Abs. 1 AEUV im Rahmen von Verwaltungs- und Schadensersatzverfahren identisch sei.

Zur Begründung führt der EuGH an, dass der Unionsgesetzgeber in beiden Bereichen den Begriff "Unternehmen" gewählt habe und nicht etwa "Gesellschaft" oder "juristische Person" (unter Bezugnahme auf Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 = public enforcement und Art. 2 Nr. 2 Richtlinie 2014/104/EU = private enforcement). Entscheidendes Kriterium sei ein einheitliches Verhalten auf dem Markt. Insofern spiele es keine Rolle, ob das so bestimmte Unternehmen aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive mehrere natürliche oder juristische Personen vereint. Das Unternehmen sei im Rahmen des Wettbewerbsrechts als "wirtschaftliche Einheit" zu begreifen, welches aus einer "einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel" bestehe. 

Kartellrechtsverstöße müssten nach dem Grundsatz der persönlichen Haftung einer solchen wirtschaftlichen Einheit zugerechnet werden, unabhängig davon, welcher Teil dieser Einheit den Verstoß konkret begangen hat. Ein Verstoß wiederum müsse entweder bestandskräftig von der Kommission oder aber von dem betreffenden nationalen Gericht selbst festgestellt werden. Stelle die Kommission einen Kartellrechtsverstoß verbindlich fest, komme es nicht darauf an, ob in dem Beschluss das konkrete Rechtssubjekt genannt ist, gegenüber dem Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen. Entscheidend sei, dass in dem Beschluss mindestens ein anderes Rechtssubjekt genannt ist, mit dem der Anspruchsgegner eine wirtschaftliche Einheit bildet.

II. "AUFSTEIGENDE HAFTUNG" DER MUTTER- FÜR DIE TOCHTERGESELLSCHAFT!

Soweit es nach "Skanska" noch Zweifel am Bestehen einer aufsteigenden Haftung der Muttergesellschaft für das (kartellrechtswidrige) Verhalten der Tochtergesellschaft im Kartellschadensersatzrecht gab, beseitigt der EuGH diese in seinem Urteil und bejaht eine solche für den Fall, dass Mutter- und Tochtergesellschaft gemeinsam eine wirtschaftliche Einheit bilden. Hier stellt der EuGH auf das zuvor erwähnte einheitliche Auftreten auf dem Markt ab. Ein solches soll vor allem dann gegeben sein, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht selbstständig bestimmt, sondern beide Rechtssubjekte durch eine wirtschaftliche, organisatorische und rechtliche Beziehung derart verbunden sind, dass die Tochtergesellschaft im Wesentlichen den Weisungen der Muttergesellschaft unterliegt. Der Begriff "Unternehmen" und damit der Begriff "wirtschaftliche Einheit" führe laut EuGH von Rechts wegen zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Einheiten, die zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung die wirtschaftliche Einheit bilden.

III. "ABSTEIGENDE HAFTUNG" DER TOCHTER- FÜR DIE MUTTERGESELLSCHAFT!

Auch eine absteigende Haftung wird vom EuGH im Ergebnis bejaht. Dabei spiele es keine Rolle, ob das in Anspruch genommene Rechtssubjekt selbst Adressat eines Bußgeldbescheids ist. Zumindest spreche "grundsätzlich nichts dagegen, dass ein Opfer einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise gegen eine der rechtlichen Einheiten, die die wirtschaftliche Einheit und damit das Unternehmen bilden, das durch eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV den Schaden dieses Opfers verursacht hat, eine Schadensersatzklage erhebt". Voraussetzung sei auch hier, dass eine wirtschaftliche Einheit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft besteht, beide also Teil desselben Unternehmens sind. Damit bringt der EuGH zum Ausdruck, dass der Begründungsansatz der Haftungszurechnung sowohl bei der aufsteigenden als auch bei der absteigenden Haftung derselbe ist. 

Einschränkend führt der EuGH aus, die Tochtergesellschaft dürfe nicht für Zuwiderhandlungen der Muttergesellschaft haftbar gemacht werden, "die im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten begangen wurden, die in keinem Zusammenhang mit ihrer eigenen Tätigkeit stehen und an denen sie in keiner Weise, auch nicht mittelbar, beteiligt war". Unklar bleibt jedoch, unter welchen Voraussetzungen dieser geforderte Zusammenhang anzunehmen ist. Konkretisierte der Generalanwalt dieses Erfordernis noch dadurch, dass das Verhalten der Tochtergesellschaft auch konkret zur Umsetzung des Kartellrechtsverstoßes der Muttergesellschaft beigetragen haben muss (z.B. durch den Vertrieb der kartellbefangenen Produkte), thematisiert der EuGH den Produktvertrieb in seinem Urteil nur im Zusammenhang mit der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit und damit an vorgezogener Stelle. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn der EuGH klarere Kriterien aufgezeigt hätte, wann ein ausreichender Zusammenhang zwischen dem Kartellrechtsverstoß der Muttergesellschaft und der Tätigkeit der Tochtergesellschaft vorliegt bzw. eine (mittelbare) Beteiligung der Tochtergesellschaft an dem Verstoß zu bejahen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf die insofern noch durch die Rechtsprechung genauer auszutarierende Schwelle zur Bejahung einer solchen Beteiligung nicht zu niedrig angesetzt werden.

Zur Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze müssten der Tochtergesellschaft im Falle der gerichtlichen Auseinandersetzung alle zweckdienlichen Verteidigungsmittel im Prozess zur Verfügung stehen, insbesondere muss diese bestreiten können, Teil desselben Unternehmens (bzw. der wirtschaftlichen Einheit) zu sein wie die kartellrechtswidrig handelnde Muttergesellschaft. Aus dem Umstand, dass eine Kommissionsentscheidung nur gegen die Muttergesellschaft ergangen ist, dürften der Tochtergesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs keine prozessualen Nachteile entstehen. Liege jedoch eine bindende Kommissionsentscheidung vor, die einen Kartellrechtsverstoß der Muttergesellschaft bestätigt und sind die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit gegeben, stehe nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 auch gegenüber der Tochtergesellschaft bindend fest, dass die wirtschaftliche Einheit einen Wettbewerbsverstoß begangen hat. Ohne eine bindende Entscheidung der Kommission stehe es der in Anspruch genommenen Tochtergesellschaft frei, auch den Wettbewerbsverstoß an sich zu bestreiten.

Zudem lasse sich aus der Sanktionierung einer bestimmten juristischen Person nicht ableiten, dass diese für den Wettbewerbsverstoß alleine verantwortlich ist. Die Kommission könne nach freiem Ermessen entscheiden, welcher juristischen Person sie eine Geldbuße auferlegt, ohne die anderen Rechtssubjekte derselben wirtschaftlichen Einheit dadurch von einer Haftung zu befreien oder gar das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit an sich zu verneinen.

IV. EINORDNUNG UND AUSBLICK

Die Sumal-Entscheidung des EuGH scheint den Weg für die zivilrechtliche Inanspruchnahme unterschiedlicher Gesellschaften einer wirtschaftlichen Einheit sowohl in aufsteigender als auch in absteigender Linie zu ebnen. Bezugspunkt der Verantwortlichkeit ist danach das auf dem jeweiligen Markt agierende Unternehmen als wirtschaftliche Einheit und nicht eine gesellschaftsrechtlich determinierte juristische oder natürliche Person. Damit dürfen sich diejenigen bestätigt fühlen, die schon seit Längerem die wirtschaftliche Einheit nach ihrer Tätigkeit auf dem Markt und damit losgelöst vom Konzernbegriff bestimmen (Kersting/Otto, Die Marktbezogenheit der wirtschaftlichen Einheit, FS Wiedemann, S. 235).

Unterschiedliche wirtschaftliche Einheiten innerhalb eines Konzerns

Mit Blick auf die "Grenzen" einer möglichen Haftung verschiedener Gesellschaften einer wirtschaftlichen Einheit hat der EuGH interessanterweise angenommen, dass es innerhalb eines Konzerns mehrere wirtschaftliche Einheiten geben kann, die in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen tätig sind und in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Als Beispiel führt der EuGH konglomerate Unternehmensgruppen an. Eine Inanspruchnahme der Tochter- für das Verhalten der Muttergesellschaft könne in solchen Unternehmensgruppen daher nicht automatisch erfolgen. Es sei vielmehr stets im Einzelfall zu prüfen, ob eine wirtschaftliche Einheit tatsächlich besteht und ein ausreichender - insofern noch näher zu spezifizierender - Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit von Mutter- und Tochtergesellschaft begründet werden kann.

Erstreckung der Haftung auf Schwestergesellschaften?

Da die Entscheidung in der Rechtssache "Sumal" ausschließlich die Haftungsverhältnisse zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zum Gegenstand hatte, hat sich der EuGH nicht unmittelbar zur Frage der Haftung zwischen Schwestergesellschaften innerhalb eines Konzerns verhalten. Gleichwohl stellt sich die Folgefrage, ob eine Schwestergesellschaft für einen Kartellrechtsverstoß einer anderen Schwestergesellschaft, die beide Teil derselben wirtschaftlichen Einheit sind, in Anspruch genommen werden kann. Indem zur Begründung der Passivlegitimation auf die wirtschaftliche Einheit abgestellt wird, schließt die Argumentation des EuGH eine solche Haftungszurechnung zumindest nicht aus. Die Voraussetzungen der Haftung dürften parallel zu den Haftungsvoraussetzungen der aufsteigenden und absteigenden Haftung bestehen. Danach müssten zwischen den Schwestergesellschaften (über die Muttergesellschaft vermittelte?) wirtschaftliche, organisatorische und rechtliche Bindungen bestehen und die wirtschaftliche Tätigkeit der einen Schwestergesellschaft einen konkreten Bezug zu dem Kartellrechtsverstoß der anderen Schwestergesellschaft aufweisen. Die Begründung einer wirtschaftlichen Einheit könnte hier auf größere Schwierigkeiten stoßen als im Rahmen eines Mutter-Tochter-Verhältnisses. Darüber hinaus bestehen hier erhebliche Unsicherheiten bei der Bestimmung eines ausreichenden Bezugs der Tätigkeit von Schwestergesellschaft A zum kartellrechtswidrigen Verhalten der Schwestergesellschaft B. Werden die Anforderungen an eine Haftungszurechnung zu niedrig angesetzt, drohen eine uferlose Ausweitung der Haftung und ein europaweites "Forum Shopping".

Auswirkungen auf die Rechtsprechung der deutschen Gerichte?

Die deutsche Rechtsprechung stand einer Haftungszurechnung in absteigender Linie (LG München I, Urteil vom 7. Juni 2019, 37 O 6039/18) sowie zwischen Schwestergesellschaften (LG Mannheim, Urteil vom 24. April 2019, 14 O 117/18 Kart) bislang ablehnend gegenüber. Die Gerichte ließen eine Haftungszurechnung am Prinzip der persönlichen Verantwortung scheitern. Eine Haftungszurechnung richte sich im Kartellrecht vor allem nach dem Kriterium des bestimmenden Einflusses, welches in aufsteigender Richtung ebenso wenig gegeben sei wie zwischen Schwestergesellschaften. Diese Argumentation weist jedenfalls mit Blick auf die Haftungszurechnung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft gewisse Widersprüche zu der nun ergangenen Entscheidung des EuGH auf, obgleich das Urteil des EuGH weiterhin Auslegungsspielraum lässt. Das LG Dortmund hatte sich bereits 2020 in einem obiter dictum (Urteil vom 8. Juli 2020, 8 O 75/19 Kart) dafür ausgesprochen, dass die kartellrechtliche Zuwiderhandlung einer einzelnen Konzerngesellschaft vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Einheit auch für alle anderen Unternehmensteile ein Eigenverhalten im haftungsrechtlichen Sinne darstelle und ausreichend ist, die Haftungsverantwortlichkeit jedes einzelnen Rechtsträgers der wirtschaftlichen Einheit zu begründen. Es steht zu erwarten, dass sich diese Ansicht nun rasch verbreiten wird.

Ausblick

Mit dem vorliegenden Urteil hat der EuGH die private Rechtsdurchsetzung weiter gestärkt. Geschädigte können zukünftig auf einen größeren Kreis potentieller Anspruchsgegner zugreifen, soweit die kartellrechtswidrig handelnde Muttergesellschaft über Tochtergesellschaften verfügt, die zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehören und bei denen ein Zusammenhang zwischen der jeweiligen wirtschaftlichen Tätigkeit und dem Kartellrechtsverstoß der Muttergesellschaft bejaht werden kann. Damit geht zugleich eine größere Anzahl potentieller Gerichtsstände einher, wenn diese Tochtergesellschaften ihren Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben. Insoweit stellt der EuGH klar, dass Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für diesen Schaden ursächlichen Geschehens erfasst und somit eine Klage an beiden Orten zulässig wäre. Für die Praxis wird sich in Zukunft vor allem die Frage stellen, welche Qualität der Zusammenhang zwischen "der wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaft und dem Gegenstand der Zuwiderhandlung" der Muttergesellschaft in Fällen aufweisen muss, die weniger eindeutig sind, als dass die Tochtergesellschaft kartellbefangene Waren abgesetzt hat.

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Dr. Markus Wirtz

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Keine Ersetzung eines zu unbestimmt gefassten Vorlagebeschlusses im Kapitalanleger-Musterverfahren (BGH-Beschluss v. 6. Juli 2021 – XI ZB 27/19)

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Keine Ersetzung eines zu unbestimmt gefassten Vorlage­­­beschlusses im Kapital­anleger-Muster­verfahren (BGH-Beschluss v. 6. Juli 2021 – XI ZB 27/19)

14. Oktober 2021

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof (Az. XI ZB 27/19) mit der Frage der Ersetzung eines Vorlagebeschlusses im Kapitalanleger-Musterverfahren beschäftigt. Konkret ging es in der Entscheidung um die Frage, ob ein Oberlandesgericht im Musterverfahren die Befugnis hat, einen vom Prozessgericht zu unbestimmt gefassten Vorlagebeschluss eigenmächtig zu ersetzen. Dies verneint der Bundesgerichtshof mit überzeugenden Gründen.

I. Hintergrund und Verfahrensablauf

Im zugrundeliegenden Sachverhalt führten Investoren ein Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg, in dem die Haftung einer Fondsgesellschaft wegen eines unrichtigen Verkaufsprospekts geklärt werden sollte. So sollte unter anderem ermittelt werden, inwieweit die Angaben in dem Verkaufsprospekt zu dem Gegenstand der Kapitalanlage, einer Investition in ein indisches Immobilienprojekt, unzutreffend waren. Zuvor hatte das Landgericht Hamburg als Prozessgericht dem Oberlandesgericht Hamburg mit Vorlagebeschluss vom 3. Juli 2015 verschiedene Feststellungsziele vorgelegt.

Das Oberlandesgericht Hamburg wertete die vorgelegten Feststellungsziele als nicht hinreichend bestimmt. In zwei Beschlüssen vom 12. Juli bzw. 26. November 2018 "konkretisierte" es daher die vorgelegten Feststellungsziele und erließ anschließend einen Musterentscheid. In diesem Musterentscheid thematisierte das Oberlandesgericht ausschließlich die in den vorangegangenen Beschlüssen eigenmächtig formulierten Feststellungsziele. Auf die Feststellungsziele des landgerichtlichen Vorlagebeschlusses ging das Oberlandesgericht nicht ein. Gegen diese Vorgehensweise legten die Musterbeklagten vor dem Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerden ein. Die Rechtsbeschwerden hatten Erfolg.

II. Entscheidungsgründe

1. Fehlende verfahrensrechtliche Grundlage

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sei der erlassene Musterentscheid schon deshalb aufzuheben, weil für den vorausgegangenen Beschluss vom 12. Juli 2018, in dem das Oberlandesgericht seinerseits angebliche Unvollständigkeiten, Fehler und irreführende Angaben des Verkaufsprospekts auflistete, keine wirksame verfahrensrechtliche Grundlage für die getroffenen Feststellungen bestehe. Die Annahme des Oberlandesgerichtes, auf der Basis des § 15 KapMuG einen den Vorlagebeschluss vollständig ersetzenden Beschluss fassen zu können, stelle eine willkürlich fehlerhafte Anwendung des Verfahrensrechts dar, sodass gegen das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters sowie gegen Art. 3 I GG verstoßen worden sei.

2. Vorgehensweise mit KapMuG unvereinbar

Wegen dieser willkürlichen Gesetzesanwendung sei auch die grundsätzlich für das Rechtsbeschwerdegericht gegebene Bindungswirkung von Beschlüssen nach § 15 KapMuG entfallen und dadurch eine Kontrolle des Beschlusses vom 12. Juli 2018 möglich gewesen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ließe sich dem Musterentscheid vom 21. Dezember 2018 entnehmen, dass das Oberlandesgericht davon ausgegangen sei, sein Beschluss vom 12. Juli 2018 ersetze den Vorlagebeschluss des Prozessgerichts vollständig und trete nicht lediglich neben diesen. Eine Entscheidung über die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses habe das Oberlandesgericht damit bewusst unterlassen, sodass eine willkürlich fehlerhafte Gesetzesanwendung vorläge. Eine Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht sei deshalb zulässig.

Die Vorgehensweise des Oberlandesgerichts Hamburg stünde im Widerspruch zur Bindungswirkung des Vorlagebeschlusses gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG. Die Ersetzung eines zu unbestimmt gefassten Vorlagebeschlusses sähe das KapMuG nicht vor und laufe dem Telos des KapMuG-Musterverfahrens zuwider. Dieses Verfahren verfolge das Ziel, die in den Feststellungszielen vorgelegten Fragen mit Bindungswirkung für die Prozessgerichte in allen gem. § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzten Verfahren verbindlich zu klären. Aus diesem Grund seien ab Bekanntgabe des Vorlagebeschlusses sämtliche anhängige und in der Zwischenzeit bis zur rechtskräftigen Klärung der Feststellungsziele anhängig werdende Verfahren dann auszusetzen, wenn die Entscheidung des entsprechenden Rechtsstreits von einem dieser Feststellungsziele abhänge. Die nachträgliche Ersetzung eines Vorlagenbeschlusses durch das Oberlandesgericht würde einen unzulässigen Entzug der Rechtsgrundlage für diese Entscheidung bedeuten.

3. Keine analoge Anwendung von § 15 KapMuG

Die Befugnis zu einer Ersetzung des Vorlagebeschlusses durch das Oberlandesgericht könne nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch nicht auf eine analoge Anwendung von § 15 KapMuG gestützt werden. Bereits der Wortlaut von § 15 KapMuG als auch dessen amtliche Überschrift spreche nur von einer "Erweiterung des Musterfahrens" bzw. davon, dass das Musterverfahren nur um "weitere Feststellungsziele" erweitert werde.

Auch die Systematik widerspreche einer solchen Befugnis. Die Anforderungen, die § 15 Abs. 1 Satz 1 KapMuG an die Prüfung von Erweiterungsanträgen durch das Oberlandesgericht stelle, seien andere, als diejenigen, die § 6 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 KapMuG dem Prozessgericht bei der Prüfung auferlege, ob ein Vorlagebeschluss zu erlassen sei. Insbesondere obliege allein dem Prozessgericht die dem Erlass des Vorlagebeschlusses vorgelagerte Prüfung, ob die Feststellungsziele den gleichen zugrundeliegenden Lebenssachverhalt nach § 4 Abs. 1 KapMuG betreffen. 

Ferner belege auch die Gesetzgebungsgeschichte, dass vom Gesetzgeber lediglich eine Erweiterung und keine Ersetzung eines Vorlagebeschlusses durch einen Beschluss gem. § 15 KapMuG vorgesehen sei. In der Gesetzesbegründung zu § 15 KapMuG führe der Gesetzgeber unter anderem eindeutig aus, dass es sich hierbei nicht um eine Erweiterung des Vorlagebeschlusses, sondern des Musterverfahrens handele. Der vom Prozessgericht erlassene Vorlagebeschluss werde nicht vom Oberlandesgericht abgeändert, sondern das Oberlandesgericht erweitere lediglich in eigener Kompetenz das durch diesen Vorlagebeschluss in Gang gesetzte Musterverfahren.

Die Annahme einer solchen Befugnis entgegen der explizit angeordneten Bindungswirkung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG sowie entgegen des ersichtlichen Auslegungsergebnisses des § 15 KapMuG sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs objektiv willkürlich gewesen.

III. Auswirkungen für die Praxis

Der Bundesgerichtshof klärt mit dieser Entscheidung eine weitere Frage im Bereich der Kapitalanleger-Musterverfahren. Die Befugnisse eines Oberlandesgerichts im laufenden Musterverfahren hinsichtlich zu unbestimmt gefasster Feststellungsziele werden durch diese Entscheidung klar umrissen. Eine vollständige Ersetzung des – den Streitgegenstand des Musterverfahrens bestimmenden – Vorlagebeschlusses ist ausgeschlossen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs muss ein Oberlandesgericht das Vorliegen der allgemeinen Prozessvoraussetzungen – inklusive der hinreichenden Bestimmtheit der Feststellungsziele – fortlaufend prüfen. Wenn sich ein durch ein einzelnes Feststellungsziel umschriebener Streitgegenstand nicht im Wege der Auslegung ermitteln lässt, muss das Oberlandesgericht hierauf gem. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hinweisen.

Die Beteiligten des Musterverfahrens können dann ihrerseits das betreffende Feststellungsziel konkretisieren. Das Oberlandesgericht kann dann auf Grundlage von § 15 KapMuG per Beschluss das neu gefasste Feststellungsziel zum Gegenstand des Musterverfahrens machen. Gelingt es nicht, das Feststellungsziel zu konkretisieren, muss es ohne Sachentscheidung als unzulässig abgewiesen werden.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass in einem Erweiterungsantrag gem. § 15 KapMuG kein neuer Sachverhalt eingeführt werden kann und das neue Feststellungsziel den Lebenssachverhalt betreffen muss, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt.

Der Beitrag steht hier für Sie zum Download bereit: Keine Ersetzung eines zu unbestimmt gefassten Vorlagebeschlusses im Kapitalanleger-Musterverfahren (BGH-Beschluss v. 6. Juli 2021 – XI ZB 27/19)

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Bundesgerichtshof verschärft die Anforderungen an den Nachweis und die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes – Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung?

#GMW-BLOG: AKTUELLE RECHTSENTWICKLUNGEN

Bundesgerichts­hof verschärft die Anfor­derungen an den Nach­weis und die Kenntnis des Gläubiger­benachteiligungs­vorsatzes – Neu­ausrichtung der Vorsatzanfechtung?

26. Juli 2021

Der Bundesgerichtshof schlägt mit seinem Urteil vom 6. Mai 2021 (Az.: IX ZR 72/20), welches Anfang Juli 2021 veröffentlicht wurde, eine neue Richtung im Rahmen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO ein. In seiner Entscheidung beschäftigt sich der IX. Zivilsenat maßgeblich damit, unter welchen Voraussetzungen dem Schuldner im Rahmen der Vorsatzanfechtung gem. § 133 InsO der erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nachgewiesen und unter welchen Voraussetzungen auf die erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon geschlossen werden kann.

Der Bundesgerichtshof gibt dabei zum einen seine bisherige Rechtsprechung teilweise auf, wonach ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine eigene Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz handelt. Zum anderen verschärft er die Anforderungen an den Nachweis der erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsabsicht.

Die Entscheidung erging zwar zu der Regelung des § 133 InsO in seiner bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung, der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Ausführungen auch für den § 133 InsO in seiner derzeit geltenden Fassung gelten.

I. HINTERGRUND DER ENTSCHEIDUNG UND RECHTLICHE AUSGANGSLAGE

In dem zu beurteilenden Sachverhalt hatte der klagende Insolvenzverwalter zahlreiche Zahlungen der Schuldnerin an das Bundesamt für Justiz angefochten und deren Rückzahlung verlangt (§§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Ordnungsgelder waren gegen die Schuldnerin wegen der Nichtveröffentlichung eines Jahresabschlusses verhängt worden. Das Bundesamt für Justiz stimmte einer Ratenzahlung des verhängten Ordnungsgeldes zu, nachdem diesem durch den Steuerberater der Schuldnerin deren wirtschaftliche Lage erläutert worden war. Die Schuldnerin beglich das verhängte Ordnungsgeld durch mehrere Ratenzahlungen fast vollständig. Diese Ratenzahlungen wurden von dem Insolvenzverwalter angefochten. Die Klage des Insolvenzverwalters hatte sowohl vor dem Amts- als auch Landgericht Bonn zunächst keinen Erfolg, da diese die Voraussetzungen des § 133 InsO als nicht erfüllt ansahen. Es fehle an dem Nachweis der Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes durch das Bundesamt für Justiz.

Es obliegt dabei grundsätzlich dem Insolvenzverwalter, das Vorliegen der Voraussetzungen des jeweiligen Anfechtungstatbestands der §§ 129 ff. InsO zu beweisen, so auch bei der Vorsatzanfechtung gem. § 133 InsO. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren – bei kongruenten Deckungshandlungen in den letzten vier Jahren – vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnte der auf Seiten des Insolvenzschuldners erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in aller Regel bereits dann angenommen bzw. bejaht werden, wenn dieser seine drohende bzw. eingetretene Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Spiegelbildlich sollte es nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners ausreichen, wenn dieser die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners erkannt hatte.

II. ERHÖHTE VORAUSSETZUNG AN DIE FESTSTELLUNG DES GLÄUBIGERBE-NACHTEILIGUNGSVORSATZES UND DIE ERFORDERLICHE KENNTNIS DES AN-FECHTUNGSGEGNERS

In seiner aktuellen Entscheidung rückt der Bundesgerichtshof nunmehr ausdrücklich davon ab, dass ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kenne, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz zu Lasten der übrigen Gläubiger handele.

Ferner hält der Bundesgerichtshof auch dahingehend nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass allein von der vom Anfechtungsgegner erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners darauf geschlossen werden könne, dass dieser in der Regel auch den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kenne. Diese bisherige Rechtsprechung bedürfe "einer neuen Ausrichtung".

Der Bundesgerichtshof begründet seine geänderte Rechtsprechung zunächst mit gesetzessystematischen Bedenken. Der Schluss von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem füge sich nicht ohne Bruch in die Systematik der Anfechtungstatbestände ein. Zudem führe der Schluss von einer erkannten Zahlungsunfähigkeit auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung bei kongruenten Deckungen zu einer faktischen Verlängerung der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO über den nach dieser Vorschrift maßgeblichen Anfechtungszeitraum von drei Monaten auf 10 Jahre nach altem Recht bzw. vier Jahre nach neuem Recht. Und dies ohne die Anfechtung an weitere, über die im Rahmen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erforderliche erkannte Zahlungsunfähigkeit hinausgehende Voraussetzungen zu knüpfen. Dies verstoße gegen den Willen des Gesetzgebers, dass ein Gläubiger, der eine kongruente Deckung erhalten habe, außerhalb des Zeitraums des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO grundsätzlich darauf vertrauen dürfe, die ihm zustehende Leistung auch behalten zu können.

Der Bundesgerichtshof begründet seine Rechtsprechungsänderung ferner damit, dass eine erkannte Zahlungsunfähigkeit für sich genommen in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl der Fälle nicht mit hinreichender Gewissheit (§ 286 ZPO) auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung schließen lasse. Insbesondere gelte dies in solchen Fällen, in denen der Schuldner aus der maßgeblichen ex ante Perspektive trotz seiner eingetretenen Zahlungsunfähigkeit berechtigterweise davon ausgehen durfte, noch alle seine Gläubiger befriedigen zu können.

Vor diesem Hintergrund erweitert der Bundesgerichtshof mit seiner aktuellen Entscheidung den Bezugspunkt des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes für künftige Fälle. Für die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes reiche es nicht aus, dass der Schuldner wisse, dass er im Zeitpunkt der Vornahme der später angefochtenen Rechtshandlung nicht alle seine Gläubiger befriedigen könne. Entscheidend sei vielmehr, dass er wisse oder zumindest billigend in Kauf nehme, dass er auch zukünftig nicht dazu in der Lage sein werde, alle seine Gläubiger zu befriedigen.

Nur dann käme auch überhaupt erst ein eigenständiger, die Beweisführung des Insolvenzverwalters erleichternder, Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in Betracht. Allerdings sieht der Bundesgerichtshof auch im Hinblick auf die Wirkung dieser Regelung Bedarf für eine Neuausrichtung. Bislang war der Bezugspunkt für die Beurteilung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners stets die Liquiditätssituation des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung. Die Liquiditätssituation des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch keine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage für die Frage des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes (mehr) dar, da es eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Fallgestaltungen gebe, in denen die Krise noch nicht so weit fortgeschritten sei oder aus anderen Gründen auf Seiten des Schuldners noch eine berechtigte Hoffnung auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage bestehe.

III. Kenntnis von drohender Zahlungsunfähigkeit allein nicht ausreichend für Annahme der subjektiven Voraussetzung des § 133 Abs. 1 Inso

Der Bundesgerichtshof hält ferner ausdrücklich nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass aus einer erkannten drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auch automatisch auf die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO geschlossen werden könne, also auf Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die diesbzgl. Kenntnis des Anfechtungsgegners.

Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof die gesetzgeberische Wertung heran, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 Abs. 1 InsO lediglich für den Insolvenzschuldner einen Antragsgrund darstelle, nicht jedoch auch für Gläubiger. Gegen den Willen des Insolvenzschuldners könne also gerade kein Insolvenzantrag wegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit gestellt werden.

Diese gesetzgeberische Wertung werde jedoch dann beeinträchtigt, wenn im Rahmen der Insolvenzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO die drohende Zahlungsunfähigkeit der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gleichgestellt werde. Denn dem Schuldner wäre es in diesem Fall verwehrt, sein Unternehmen auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Bargeschäftsprivilegs fortzuführen und die drohende Zahlungsunfähigkeit auf diesem Wege noch zu beseitigen. Sofern nämlich die Gläubiger eines nur drohend zahlungsunfähigen Unternehmens fürchten müssten, einer Vorsatzanfechtung ausgesetzt zu sein, könnte dies ggf. dazu führen, dass sie künftig von Geschäftsbeziehungen mit drohend zahlungsunfähigen Schuldnern absehen oder bestehende Leistungsbeziehungen mit solchen beenden. Gerade diese Gläubigerreaktion könne dann erst zum Eintritt – einer ansonsten vermeidbaren – Zahlungsunfähigkeit führen.

Der Bundesgerichtshof macht jedoch gleichwohl deutlich, dass diese Rechtsprechungsänderung nicht bedeute, dass auch im Zeitpunkt einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Rechtshandlung nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein könnten. Erforderlich sei hierfür jedoch das Hinzutreten weiterer Umstände. Als konkretes Beispiel für einen solchen Umstand zeigt der Bundesgerichtshof die Fallkonstellation auf, in der im Zustand der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit, jedoch der sicheren Erwartung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit, mit den vorhandenen Mitteln gezielt bestimmte, dem Schuldner nahestehende, Altgläubiger außerhalb des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs befriedigt werden. In einem solchen Szenario wäre die Vorsatzanfechtung gleichwohl weiterhin einschlägig.

IV. FAZIT/STELLUNGNAHME

Bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte es sich um eine Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung handeln. Hierfür sprechen auch die Ausführungen und die gewählten Formulierungen in den Entscheidungsgründen. Ein pauschaler Verweis auf die Zahlungsunfähigkeit

– unabhängig davon, ob sie drohend oder bereits eingetreten ist – wird zukünftig nicht mehr ausreichen, um die subjektiven Voraussetzungen im Rahmen der Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO darzulegen. 

Die aktuelle Entscheidung dürfte daher die Position von Gläubigern, die sich einer Vorsatzanfechtung ausgesetzt sehen, stärken. Schließlich werden sowohl die Anforderungen an den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes auf Seiten des Schuldners als auch von dessen Kenntnis auf Seiten des Anfechtungsgegners verschärft. Spiegelbildlich dazu haben sich die Anforderungen an den Nachweis dieser Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung für den Insolvenzverwalter erhöht. Dies könnte in der Praxis möglicherweise dazu führen, dass Vorsatzanfechtungen künftig häufiger scheitern. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die nunmehr vom Bundesgerichtshof aufgestellten erhöhten Anforderungen ebenfalls wieder subjektive und damit innere Tatsachen darstellen. Deren Nachweis ist jedoch stets mit entsprechend hohen Hürden verbunden. 

Gleichwohl dürfte dem Insolvenzverwalter der Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der diesbzgl. Kenntnis des Gläubigers auch nach dem nunmehr durch den Bundesgerichtshof normierten Anforderungen jedenfalls dann möglich sein, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bereits weit fortgeschritten ist. In diesem Fall wird man regelmäßig davon ausgehen können, dass er die Gläubigerbenachteiligung zumindest billigend in Kauf genommen hat.

Zu begrüßen ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zudem auch für die Sanierung von lediglich drohend zahlungsunfähigen Unternehmen, da diejenigen Gläubiger, die sich an der Sanierung des Unternehmens beteiligen, nunmehr nicht ohne weiteres fürchten müssen, allein aufgrund der Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit automatisch einer Vorsatzanfechtung ausgesetzt zu sein.

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Neuerliche Reform des Transparenzregisters: Das Transparenzregister wird zum Vollregister

#GMW-BLOG: AKTUELLE RECHTSENTWICKLUNGEN

Neuerliche Reform des Transparenz­registers: Das Transparenz­register wird zum Vollregister

30. Juni 2021

Nach der Beschlussfassung des Bundestags am 10. Juni 2021 hat am 25. Juni 2021 auch der Bundesrat den Gesetzentwurf für ein Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz gebilligt. Nach dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, das Ende 2019 in Kraft getreten ist und u.a. das Einsichtsrecht für Jedermann eingeführt hat, steht damit die nächste Reform des Transparenzregisters an. Kernstück der Reform ist der Ausbau des Transparenzregisters zu einem Vollregister, an das künftig praktisch jede Rechtseinheit ihre (fiktiven) wirtschaftlich Berechtigten wird melden müssen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Änderungen der gesetzlichen Vorgaben zum Transparenzregister und schaut voraus auf die praktischen Folgen, die diese Änderungen erwarten lassen. 

Anlass der neuerlichen Reform des Transparenzregisters ist die europarechtlich vorgesehene Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten. Der Gesetzgeber hat dies zum Anlass genommen, das Transparenzregister, das seinerzeit bewusst als Auffangregister konzipiert worden war, zu einem Vollregister auszubauen, an das künftig praktisch jede Rechtseinheit eine Mitteilung über ihre wirtschaftlich Berechtigten abgeben muss. Während dies für die registerpflichtigen Rechtseinheiten, die bisher vielfach von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, einen erheblichen Mehraufwand bedeutet, soll die Reform für geldwäscherechtlich Verpflichtete (wie Banken etc.) eine wesentliche Erleichterung mit sich bringen: Ausgehend von dem umfassenden Datenbestand des Transparenzregisters dürfen sich die Verpflichteten künftig bei der Überprüfung der Identität eines wirtschaftlich Berechtigten grundsätzlich auf die Eintragung im Transparenzregister verlassen.

Wesentliche Änderungen

Die zentrale Änderung der Vorgaben zum Transparenzregister liegt in der künftigen Ausgestaltung des Transparenzregisters als Vollregister. Das Transparenzregister steht damit künftig unabhängig insbesondere neben dem Handelsregister und wird – wie dieses – künftig nahezu für jede Rechtseinheit unmittelbar relevant sein. 

Bisher ist das Transparenzregister als Auffangregister ausgestaltet. Sofern die erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten bereits in bestimmten anderen Registern, wie insbesondere dem Handelsregister, dem Vereinsregister oder dem Unternehmensregister, öffentlich zugänglich sind, kann die neuerliche Mitteilung dieser Angaben an das Transparenzregister unterbleiben; die Mitteilungspflicht gilt dann als erfüllt (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG – sog. Mitteilungsfiktion). Gleiches gilt allgemein für Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind oder dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG), wobei sich diese Mitteilungsfiktion grundsätzlich auch auf die Tochtergesellschaften der börsennotierten Muttergesellschaft erstreckt. 

Das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz sieht nun vor, dass die Mitteilungsfiktion und die Befreiung für börsennotierte Gesellschaften (und deren Tochtergesellschaften) ersatzlos wegfallen. Künftig sind damit praktisch alle Rechtseinheiten verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister positiv zur Eintragung mitzuteilen. Dies betrifft die börsennotierte Aktiengesellschaft (und ihre Tochtergesellschaften) ebenso wie die Ein-Mann-GmbH oder die Publikums-KG. Lediglich eingetragene Vereine dürfen zunächst von einer Mitteilung an das Transparenzregister absehen; zur Stärkung des Ehrenamtes und zur Verringerung der bürokratischen Belastung für Vereine ist insofern eine Übernahme von Angaben zu den Vereinsvorständen, die in aller Regel die fiktiven wirtschaftlich Berechtigten des Vereins nach § 3 Abs. 3 Satz 5 GwG sind, aus dem Vereinsregister vorgesehen. 

Das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz soll (abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen) am 1. August 2021 in Kraft treten. Angesichts der weitreichenden praktischen Folgen der Abschaffung der Mitteilungsfiktion und der Befreiung für börsennotierte Gesellschaften (dazu sogleich) sieht das Gesetz insofern jedoch großzügige Übergangsfristen vor. Für die erstmalige Mitteilung eines wirtschaftlich Berechtigten, die bisher aufgrund der Mitteilungsfiktion unterbleiben konnte, sieht das Gesetz eine gestaffelte Übergangsregelung vor. Die erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten sind dem Transparenzregister 

  • im Falle einer AG, SE oder KGaA bis zum 31. März 2022,
  • im Falle einer GmbH, Genossenschaft, Europäischer Genossenschaft oder Partnerschaft bis zum 30. Juni 2022 und
  • in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2022

mitzuteilen. Zudem greifen auch die korrespondierenden Bußgeldtatbestände für Rechtseinhei- ten, die bisher von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, erst mit einem weiteren zeitlichen Versatz. Die Bußgeldtatbestände des § 56 Abs. 1 Nr. 55 und 58 bis 60 GwG sind insoweit

  • im Falle einer AG, SE oder KGaA bis zum 31. März 2023,
  • im Falle einer GmbH, Genossenschaft, Europäischer Genossenschaft oder Partnerschaft bis zum 30. Juni 2023 und
  • in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2023

nicht anwendbar.

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft den Pflichtenrahmen der geldwäscherechtlich Verpflichteten (wie u.a. Banken). Bei der Überprüfung der Identität eines wirtschaftlich Berechtigten dürfen sie sich künftig grundsätzlich auf die Angaben im Transparenzregister verlassen.

Bisher sieht das Gesetz in § 11 Abs. 5 Satz 4 GwG vor, dass sich die Verpflichteten bei der Überprüfung der Angaben zur Identifizierung eines wirtschaftlich Berechtigten nicht ausschließlich auf die Angaben im Transparenzregister verlassen dürfen. In der Praxis führt dies bei den Verpflichteten zu erheblichem Aufwand im Rahmen von Kundenprüfungen (Know Your Customer – KYC). Künftig müssen die Verpflichteten zwar im ersten Schritt die Angaben zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten eines Vertragspartners weiterhin ohne Zuhilfenahme des Transparenzregisters erheben. Zur Überprüfung dieser Angaben genügt dann im zweiten Schritt jedoch grundsätzlich ein Abgleich mit den entsprechenden Angaben im Transparenzregister.

Der Gesetzgeber möchte damit den KYC-Aufwand der geldwäscherechtlich Verpflichteten erheblich reduzieren und insgesamt den Prüfungsaufwand bei den registerpflichtigen Rechtseinheiten zentralisieren. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die multiple Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten einer Rechtseinheit durch verschiedenste Verpflichtete im Rahmen der Erfüllung ihrer jeweiligen Kundensorgfaltspflichten grundsätzlich durch die Ermittlung, Mitteilung und ggf. Aktualisierung der Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten durch die betreffende Rechtseinheit ersetzt werden.

Praktische Folgen

In der Praxis wird die Aufhebung der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG und der Befreiung für börsennotierte Gesellschaften nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG einen erheblichen Aufwand für die registerpflichtigen Rechtseinheiten mit sich bringen. Der Regierungsentwurf geht davon aus, dass von künftig ca. 2,3 Millionen eintragungspflichtigen Rechtseinheiten ohne Berücksichtigung des Vereinsregisters bisher ca. 857.000 Rechtseinheiten von der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG profitiert haben. All diese Rechtseinheiten werden nun im Rahmen der Übergangsfristen dem Transparenzregister erstmalig eine Mitteilung zu ihren wirtschaftlich Berechtigten machen müssen. Zudem werden sie künftig bei jeder relevanten Änderung der Anteilseigner- oder Konzernstruktur prüfen müssen, ob nicht nur eine Mitteilung zum Handelsregister, sondern ggf. auch eine Mitteilung zum Transparenzregister erforderlich ist. Nicht zuletzt angesichts des engmaschigen Netzes an Bußgeldtatbeständen sollte die Überwachung der Transparenzregisterpflichten damit zum festen Bestandteil der Compliane-Organisation eines jeden Unternehmens gehören. Zudem sollte die Einhaltung der Transparenzregisterpflichten standardmäßig zum Prüfprogramm einer Due-Diligence-Prüfung im Rahmen von M&A-Transaktionen gehören. 

Für die geldwäscherechtlich Verpflichteten kündigt sich demgegenüber mit der Möglichkeit, im Geschäft mit deutschen Rechtseinheiten auf das Transparenzregister vertrauen zu dürfen, eine Vereinfachung der geldwäscherechtlichen Pflichten an. Die Regierungsbegründung geht bei der Betrachtung des Erfüllungsaufwands der Wirtschaft davon aus, dass die aufgrund dessen für die Verpflichteten zu erwartenden Einsparungen deutlich über den zusätzlichen Aufwand der registerpflichtigen Rechtseinheiten hinausgehen. Ob sich dies in der Praxis tatsächlich bewahrheitet, bleibt abzuwarten. Aus Sicht der registerpflichtigen Rechtseinheiten besteht aber zumindest die Hoffnung, dass das künftig zulässige Vertrauen auf die Einträge im Transparenzregister den Dialog mit den Verpflichteten vereinfacht.

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Der gesetzliche Anspruch von Geschäftsleitern auf eine Mandatspause kommt – #stayonboard-Initiative wird zum Gesetz

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Der gesetzliche Anspruch von Geschäftsleitern auf eine Mandatspause kommt – #stayonboard-Initiative wird zum Gesetz

28. Juni 2021

Am 11. Juni 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst (FüPoG II) (BT-Drs. 19/26689, 19/27633 und 19/30514) beschlossen. Ein Bestandteil des FüPoG II stellt dabei die gesetzliche Verankerung der Möglichkeit einer "Auszeit" und "Mandatspause" für Geschäftsleitungsmitglieder dar. Durch die gesetzliche Neuregelung haben die Geschäftsleitungsmitglieder von Unternehmen nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit und in Fällen des Mutterschutzes sogar einen gesetzlichen Anspruch darauf, ihr Mandat temporär ruhen zu lassen.

Die Gesetzesänderung geht maßgeblich auf die Initiative #stayonboard zurück, in der sich im vergangenen Jahr namenhafte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Rechtswissenschaft zusammengeschlossen hatten. Den Ausgangspunkt für die Gründung dieser Initiative bildete die gesellschaftliche Debatte über die Frage, ob es noch zeitgemäß sei, dass Vorstandsmitglieder ihr Amt auch für den Fall einer nur vorübergehenden Nichtausübung, wie etwa einer Schwangerschaft oder Elternzeit, niederlegen müssen, um keinem Haftungsrisiko für Entscheidungen ausgesetzt zu sein, die während ihrer Abwesenheit getroffen und umgesetzt werden. Der "Auslöser" dieser Debatte war der – seinerzeit rechtlich erforderliche – Rücktritt der Gründerin und Chief Creative Officer Delia Lachance von ihrem Amt als Vorstandsmitglied der Westwing Group AG, um in Mutterschutz gehen und Elternzeit in Anspruch nehmen zu können. Über die gesellschaftsrechtlichen Implikationen der Initiative #stayonboard hatten wir seinerzeit bereits berichtet.

In diesem Beitrag soll nun die gesetzliche Neuregelung, durch die Geschäftsleitungsmitglieder die Möglichkeit bzw. einen Anspruch ein temporäres Ruhenlassen ihres Mandats erhalten, näher beleuchtet werden, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Voraussetzungen sowie die rechtliche Ausgestaltung der Mandatspause gelegt wird. Zum besseren Verständnis der gesetzlichen Neuregelung wird zunächst noch einmal kurz die Problematik der bislang geltenden Rechtslage skizziert.

I. PROBLEMATIK DER BISHERIGEN GESETZLICHEN AUSGANGSLAGE

Bislang sehen das Aktiengesetz (AktG), das SE-Ausführungsgesetz (SEAG) und auch das GmbH-Gesetz (GmbHG) keine Möglichkeit vor, dass Geschäftsleitungsmitglieder ihr Amt bzw. Mandant haftungsbefreiend temporär unterbrechen oder ruhen lassen können.

Ein Geschäftsleiter hat gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 39 SEAG i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG während der Dauer seiner Bestellung fortwährend die Pflicht, bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Es besteht keine Möglichkeit, diese Pflicht auf andere Mitglieder der Geschäftsleitung mit haftungsbefreiender Wirkung zu übertragen. Selbst, wenn ein Mitglied der Geschäftsleitung sein Amt vorübergehend nicht wahrnimmt und sein Ressort von einem anderen Geschäftsleiter übernommen wird, besteht für das "pausierende" Mitglied gleichwohl weiterhin eine Überwachungspflicht im Hinblick auf die anderen Mitglieder der Geschäftsleitung. Im Falle eine Verletzung dieser Pflicht haftet das "pausierende" Mitglied der Geschäftsleitung gegenüber der Gesellschaft für daraus resultierende Schäden.

Will ein Geschäftsleitungsmitglied der zivilrechtlichen Haftung sowie ggf. auch einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit, z.B. wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht, entgehen, so muss es daher de lege lata sein Amt zwingend niederlegen.

Überdies können sich Geschäftsleitungsmitglieder auch nicht auf die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes, die Elternzeit oder Pflegezeit berufen, um eventuell auf diesem Wege in den Genuss einer haftungsbefreienden Pause von ihrem Geschäftsleiteramt zu kommen, da die entsprechenden Regelungen ausschließlich auf Arbeitnehmer/innen Anwendung finden.

II. DER GESETZLICHE ANSPRUCH AUF EIN TEMPORÄRES RUHENLASSEN DES MANDATS

Durch das FüPoG II wird den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, den Vorstän-den oder geschäftsführenden Direktoren einer SE sowie den Geschäftsführern einer GmbH die Möglichkeit eröffnet, Anspruch auf eine temporäre, familiär oder persönlich bedingte Auszeit von ihrer Tätigkeit zu nehmen.

1. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft

Der Anspruch von Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft auf ein temporäres Ruhenlassen des Mandats wird in § 84 Abs. 3 AktG n.F. geregelt, der – wie von #stayonboard seinerzeit vorgeschlagen – um einen Absatz 3 ergänzt wurde.

Nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG n.F. haben die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesell-schaft das Recht, den Aufsichtsrat um einen Widerruf ihrer Bestellung zu ersuchen, wenn sie aus Gründen des Mutterschutzes, der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder einer eigenen Erkrankung den ihnen als Vorstandsmitglied obliegenden Pflichten vorübergehend nicht nachkommen können. Ausgenommen von dieser Regelung sind le-diglich Alleinvorstände einer Aktiengesellschaft. Ihnen steht ein solcher Anspruch nicht zu. Diese Einschränkung ist auch zwingend, da die Aktiengesellschaft ansonsten "füh-rungslos" wäre. Die praktische Bedeutung dieser Regelung dürfte indes begrenzt sein, da die meisten Vorstände von Aktiengesellschaften mit mehr als einer Person besetzt sein dürften. Unbeachtlich ist es indes, wenn ein Mitglied eines zweiköpfigen Vorstandes einer Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von mehr als EUR 3 Mio. von der Möglichkeit der Mandatspause Gebrauch macht und sodann entgegen § 76 Abs. 2 Satz 2 AktG nur noch ein einziger Vorstand amtiert (vgl. § 83 Abs. 3 Satz 6 AktG n.F.).

Schwangere Vorstandsmitglieder haben gem. § 84 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AktG n.F. einen verbindlichen Anspruch auf den Widerruf ihrer Bestellung durch den Aufsichtsrat für die Dauer der in § 3 Abs. 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes festgelegten Schutzfristen, d.h. für einen Zeitraum von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes. Ein Widerspruchsrecht steht dem Aufsichtsrat insoweit ausdrücklich nicht zu. Nach Ablauf der vorgenannten Schutzfristen hat das Vorstandsmitglied gegenüber dem Aufsichtsrat einen Anspruch auf Wiederbestellung.

Nach § 84 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AktG n.F. haben Vorstandsmitglieder zudem die Möglich-keit, den Aufsichtsrat für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten um einen Widerruf ihrer Bestellung zu ersuchen, wenn sie Elternzeit nehmen möchten, einen Familienange-hörigen pflegen oder selbst erkrankt sind. Die Vorstandsmitglieder haben in diesen Fällen jedoch – anders als beim Mutterschutz – keinen rechtsverbindlichen Anspruch auf einen Widerruf ihrer Bestellung. Der Aufsichtsrat hat nämlich die Möglichkeit, dem Verlangen zu widersprechen, wenn und soweit diesem ein wichtiger Grund aus der Sphäre der Ge-sellschaft entgegensteht. Zu denken ist hier insbesondere an Fallkonstellationen, in de-nen das Verlangen zur Unzeit geltend gemacht wird, z.B. wenn in dem betroffenen Ress-ort eine Vielzahl wichtiger Entscheidungen ansteht.

In den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder im Falle einer eigenen Erkrankung haben Vorstandsmitglieder nach § 84 Abs. 3 Satz 3 AktG n.F. zudem die Möglichkeit, ihre Bestellung für die Dauer eines Zeitraums von bis zu zwölf Monaten widerrufen zu lassen. Auch in diesem Fall steht dem Aufsichtsrat allerdings ein Wider-spruchsrecht zu, dessen inhaltliche Anforderungen jedoch deutlich geringer sind als bei einer dreimonatigen Auszeit. Insoweit muss nämlich kein wichtiger Grund vorliegen. Die Entscheidung über den Widerspruch steht vielmehr im freien Ermessen des Aufsichtsrats.

In rechtstechnischer Hinsicht ist die vorübergehende Auszeit bzw. das Ruhenlassen des Mandats als Widerruf der Bestellung, verbunden mit der Zusicherung einer Wiederbestellung nach dem Ende der Auszeit, ausgestaltet. Der Widerruf der Bestellung als Vorstandsmitglied ist erforderlich, damit die Vorstandsmitglieder für die Dauer ihrer Mandatspause nicht den eingangs beschriebenen Haftungsrisiken für Entscheidungen ausgesetzt sind, die in ihrer Abwesenheit getroffen werden. Der Anspruch auf Wiederbestellung kann dadurch erfüllt werden, dass das Geschäftsleitungsmitglied entweder nach Ablauf des Zeitraums des § 84 Abs. 2 u. 3 AktG n.F. oder bereits zeitgleich mit dem Widerruf aufschiebend befristet auf den Ablauf des Zeitraums erneut bestellt wird.

Macht ein Vorstandsmitglied von der Möglichkeit zum vorübergehenden Ruhenlassen des Mandats Gebrauch, hat dies keinen Einfluss auf die Amtszeit des Vorstandsmitglieds, d.h. es erfolgt keine Anrechnung der Mandatspause auf die Amtszeit, sodass das ver-traglich vereinbarte Ende der Amtszeit bestehen bleibt (§ 83 Abs. 3 Satz 4 AktG n.F.).

Keine Regelungen trifft die gesetzliche Neuregelung bzgl. der Frage, ob und in welchem Umfang die Vergütung des Vorstandsmitglieds während der Auszeit bzw. während des Widerrufs der Bestellung durch die Gesellschaft fortzuzahlen ist. Dies hängt von den in-dividuellen Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied ab. Es ist davon auszugehen, dass Anstellungsverträge künftig entsprechende Regelungen ent-halten werden.

2. Vorstandsmitglieder und geschäftsführende Direktoren einer SE und GmbH-Geschäftsführer

Die vorstehend für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft skizzierten Regelungen geltend entsprechend für die Geschäftsleitungsorgane weiterer Gesellschaftsformen.

Für die Vorstandsmitglieder einer dualistischen bzw. die geschäftsführenden Direktoren einer monistischen SE folgt dies aus § 20 SEAG i.V.m. § 83 Abs. 3 AktG n.F. bzw. § 40 Abs. 6 SEAG n.F. Die Möglichkeit des vorübergehenden Ruhenlassens des Ge-schäftsführeramtes ist in § 38 Abs. 3 GmbHG n.F. normiert.

Die Möglichkeit bzw. der Anspruch auf ein Ruhenlassen des Mandats sind bei der SE und der GmbH dabei an dieselben Voraussetzungen geknüpft wie bei der Aktiengesellschaft. Die Mandatspause ist auch hier als Widerruf der Bestellung, verbunden mit einem Anspruch auf Wiederbestellung, ausgestaltet.

Inkrafttreten wird die gesetzliche Neuregelung am Tag nach der Verkündung des FüPoG II im Bundesgesetzblatt. Die Neuregelung unterfällt keinen Übergangsregelungen. Da der Bundesrat gegen das FüPoG II keinen Einspruch erhoben hat, wird das Gesetz unmittelbar im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten.

III. FAZIT UND AUSBLICK

Die gesetzlichen Neuregelungen, die Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, Vorstandsmitgliedern oder geschäftsführenden Direktoren einer SE und Geschäftsführern einer GmbH ein Anspruch auf ein Ruhenlassen ihres Mandats in Fällen des Mutterschutzes, der Elternzeit, der Pflege eines Angehörigen oder des Auskurierens einer Erkrankung ermöglichen, sind zu begrüßen.

Insoweit stellte sich nämlich berechtigterweise die Frage, warum es Geschäftsleitern – anders als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – etwa nicht möglich sein soll, in Elternzeit zu gehen oder eine Erkrankung in Ruhe auszukurieren, ohne dabei entweder einem Haftungsrisiko für die in dieser Zeit von den weiteren Mitgliedern der Leitungsorgane getroffenen Entscheidungen und umgesetzten Maßnahmen ausgesetzt zu sein oder alternativ ihr Mandat niederzulegen. Durch die gesetzliche Neuregelung wurden nunmehr auch auf der Leitungsebene von Unternehmen die notwendigen Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen.

Durch die Ausgestaltung der Mandatspause als Widerruf der Bestellung ist dabei auch sichergestellt, dass die pausierenden Geschäftsleiter keinen Haftungsrisiken für solche Entscheidungen ausgesetzt sind, die von der Gesellschaft während ihrer Abwesenheit getroffen werden. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Gesellschaft und das Geschäftsleitungsmitglied – was nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich erlaubt sein soll – vertragliche Vereinbarungen treffen, die dem Geschäftsleitungsmitglied während der Auszeit z.B. Zugang zu Informationen, die Einsichtnahme in E-Mails oder den Zugang zu den Geschäftsräumen gewähren. Die daraus resultierenden Haftungsrisiken sollten von den Beteiligten bei dem Abschluss entsprechender Vereinbarungen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Da sich die meisten Entscheidungsprozesse und Maßnahmen in Unternehmen zudem regelmäßig über einen längeren Zeitraum erstrecken, also in zeitlicher Hinsicht teilweise innerhalb und teilweise außerhalb einer Mandatspause liegen können, wird es für die Haftung eines pausierenden Geschäftsleitungsmitglieds darauf ankommen, zu welchem Zeitpunkt die kausale Pflichtverletzung begangen wurde.

Auch wenn Mandatspausen von Geschäftsleitungsmitgliedern für die Unternehmen zweifelsohne mit einem entsprechenden bürokratischen Aufwand verbunden sind, hat das Unternehmensinteresse dennoch eine hinreichende Berücksichtigung gefunden. Schließlich hat der Aufsichtsrat – mit Ausnahme von Fällen des Mutterschutzes – die Möglichkeit, dem Verlangen auf ein Ruhenlassen des Mandats zu widersprechen, wenn diesem entsprechende Gründe des Unternehmenswohls entgegenstehen. Abzuwarten bleibt indes, in welchem Umfang Leitungsorgane zukünftig von der Möglichkeit der Mandatspause Gebrauch machen.

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Einfluss des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) auf Lieferbeziehungen – Blickwinkel eines Geschäftsleiters

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Einfluss des Unternehmens­stabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) auf Lieferbeziehungen - Blickwinkel eines Geschäftsleiters

24. Juni 2021

Unser Partner Dr. Jochen Markgraf und unsere Associate Dr. Marina Adams haben in diesem Jahr wieder am E-Book "GmbH-Geschäftsführer 2021" mitgewirkt. 

Ihr Beitrag unter dem Titel "Einfluss des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) auf Lieferbeziehungen - Blickwinkel eines Geschäftsleiters" stellt die Auswirkungen von Sanierung- und Restrukturierungsmaßnahmen eines Lieferanten nach dem neuen, am 1. Januar 2021 in Kraft getreten StaRUG auf bestehende Lieferbeziehungen – aufbereitet für die Geschäftsführerperspektive – dar.

Das E-Book, in dem der Beitrag auf S. 43 ff. zu finden ist, können Sie hier kostenlos downloaden: E-Book "GmbH-Geschäftsführer 2021"

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